Und ich bin wieder allein, allein
Es ist mal wieder soweit: C sitzt zum vierten Mal dieses Jahr im Flieger nach Deutschland. Endstation Nürnberg und umsteigen in München sind angesagt. Am Flughafen zu wohnen hat ja wirklich (wenige) Vorteile und (viele) Nachteile. Ich kann Euch nur sagen, dass es schon ein sehr, sehr mulmiges Gefühl ist, mit anzusehen, wie die Liebste mit dem Flugzeug in den Wolken verschwindet – und man selber bleibt zurück.
Immerhin muss ich es nur vier Tage lang alleine zu Hause aushalten. Das wird morgen schwerer als unter der Woche, wo ich mich in Arbeit stürzen kann. Heute ist übrigens meine Aktienurkunde für die bisher erworbenen Square-Anteile gekommen. Krass, jetzt bin ich schon Teilhaber zweier Firmen im Silicon Valley. Zurück zum Thema.
Die Maschine nach München startet erst abends, so dass C und ich den heutigen Tag zusammen verbringen konnten. Auf dem Programm stand, fast schon traditionsgemäß, eine Radtour – diesmal nach Purisima. Dort habe ich C richtig den Berg hoch gescheucht, damit sie heute Abend schön müde ist und schlafen kann. Letztes Mal hat das sehr gut funktioniert und auch vor unserem Besuch im April haben wir uns beide müde gefahren. Danach gab es noch einen Kaffee am Strand, wo wir noch etwas Sonne getankt haben. Keine Sorge, der Herbst ist auch in San Francisco angekommen. In unserem Garten sieht es richtig herbstlich aus. Die Blätter sind gelb-rot und liegen überall herum. Zum Glück bedeutet das aber nicht, dass es jetzt andauernd regnet. Heute waren es 22°C und wir sind in T-Shirts Rad gefahren. Der Regen kommt zwar noch, aber wenn es hier regnet, dann heißt das auch, dass es am Lake Tahoe schneit. So kann auch ich mich auf den Winter freuen!
Twitter, der Börsengang
Twitter ist in aller Munde, auch bei Square. Wir sind ja auch wirklich nah dran. Nicht nur ist das Twitter Hauptquartier direkt nebenan, sondern deren Aufsichtsratsvorsitzender ist auch unser Chef.
Jack Dorsey ist hier schon seit Jahren in aller Munde, aber offenbar wird jetzt auch in Deutschland mehr über ihn berichtet – und über das was er jetzt macht. Ich merke das daran, dass Freunde mich plötzlich anschreiben, meistens Aussagen wie: “Du bist bei Square? Dem Square?”. Ja, ich bin dabei, mache mit bei Jack Dorsey’s nächstem großen Ding nach Twitter. Hoffentlich. Twitter ist mit einer $18 Mrd. Bewertung an die Börse gegangen. Natürlich hat der Laden eine Unmenge an Nutzern vorzuweisen und sogar dazu beigetragen, dass Diktaturen gestürzt wurden und der arabische Frühling möglich wurde. Die Börse interessiert das natürlich eher wenig. Da zählen Umsätze und Gewinn. Letzteren hat Twitter noch nicht zu vermelden und wie die gigantischen Daten der Nutzer am besten versilbert werden können, ohne den nächsten arabischen Frühling zu behindern, ist auch noch nicht völlig klar. Dennoch war der Börsengang ein voller Erfolg, vor allem für die Banken, die von den Mitarbeitern deren Aktien für $26 gekauft und dann prompt für $44 verkauft haben. Nicht schlecht, dafür, dass sie überhaupt keinen Anteil am Erfolg und dem Wert des Unternehmens hatten.
Zurück zu Square. Im Vergleich zu Twitter haben wir zwar deutlich weniger Nutzer, aber immerhin ein funktionierendes Geschäftsmodell. Den Wert von Twitter sollten wir eigentlich auch erreichen können. 18 Mrd., das ist noch ein weiter Weg, aber ich glaube daran. Wer weiß, vielleicht träume ich ja den nächsten phantastischen Börsengang-Traum mit. Dafür sind wir ja alle hier, im Silicon Valley.
Böse Überraschung
Wow, mein letzter Blogeintrag ist schon mehr als eine Woche her? Krass, die Tage verfliegen derzeit nur so. C und ich arbeiten viel. Im Moment komme ich kaum vor 19 Uhr aus dem Büro, so viel gibt es zu tun. Ok, da ist eine Stunde Yoga oft schon mit drin. Also behaltet Euer Mitleid für Euch!
Letztes Wochenende hatten wir mal wieder Besuch. Der letzte war ja schon wieder eine Weile her. Fabian und Nils waren ganz scharf auf die San Francisco Clubszene und so haben wir uns am Freitag und Samstag mal etwas rumgetrieben. am Freitag stand ein Funk-Konzert auf dem Programm. Die Band war gut und hat ordentlich Stimmung gemacht. Die Stimmung vor der Bühne war allerdings etwas aggro. C, Cait und Fabian wurde mehrfach angemacht, weil sie tanzten und Spaß hatten. Wahrscheinlich war das einfach Pech, aber wir hatten ja schon einmal ähnliche Erfahrung auf einem Konzert, gell? Die richtig böse Überraschung erwartete uns aber erst wieder am Auto.
Vor dem Konzert, auf der Parkplatzsuche, die ja in San Francisco nicht so einfach ist, sind wir in einen Streit um einen Parkplatz geraten. Wie das genau passieren konnte ist egal, aber beide Parteien beanspruchten einen Parkplatz für sich. Ich stand drin, so schräg wie man einparken kann, wenn einem der Hintermann die Tür zu machen will. Es folgten Wortwechsel und wüste Beschimpfungen in unsere Richtung. Wir haben die ganze Sache nicht so eng gesehen und uns kurzerhand als Russen, die Waffen zu verkaufen hätten ausgeben, was bei der Gegenseite offenbar nicht so gut ankam. Letztendlich blieben wir stur und das andere, schimpfende Pärchen zog als Verlierer von dannen. Dachten wir. Denn als wir nachts wieder zum Wagen kamen, war der linke Vorderreifen zerstochen. Ich hatte den ganzen Abend über ein ungutes Gefühl, zu aufgewühlt waren die beiden Amis gewesen. Jetzt hatten wir den Salat und das in einer der besten Wohngegenden in San Francisco.
Es half ja alles nichts, also Wagenheber raus, Auto umgeparkt und das Notrad klar gemacht. Zum Glück konnte ich mich noch an die Tips von Cs Vater erinnern, so dass wir den Wechsel relativ schnell erledigt hatten. Und so endete unser Freitagabend mit einer unvergesslichen Erinnerung an Pacific Heights in San Francisco.
Beinahe Halloween
Seit unserer Rückkehr aus Hawaii haben wir schon wieder einiges erlebt. Zum Beispiel waren wir beim Rodeo – zum allerersten Mal. Was für ein Klamauk! Es wurden Kälber zu Boden gerungen, Lassos geschwungen, amerikanische Flaggen geschwenkt, um die Wette geritten und Vegetarierwitze erzählt. Man glaubt kaum, dass es diese Kalifornier auch gibt, mitten in der Bay Area, aber es mangelte nicht an Cowboystiefeln und -hüten – und vor allem an der entsprechenden Einstellung. So scherte sich niemand um die Tierschützer, die vergeblich vor der Halle protestierten. Rodeo gehört halt irgendwie zum Kulturgut dieses jungen Landes, das ja auch nicht so viel mehr Kultur zu bieten hat. Kurzum es war lustig, außer für das Cowgirl, das beim Wettrennen ins Gatter knallte und erst nach ein paar Minuten mit dickem Gesicht die Arena verlassen konnte. So schnell muss ich nicht wieder hin, zum Rodeo.
Seit einer Woche ist Julia nun wieder in Berlin. Es war lustig mit ihr, aber ich versuche erst gar nicht einen Hehl daraus zu machen, dass C und mir etwas Zweisamkeit jetzt ganz gut tut. Letzen Freitag war die offizielle Square Einweihungsparty für unser neues Büro. Und es wurde nicht gekleckert. Es gab Pizza aus dem hauseigenen Pizzaofen, Slider (kleine Burger), ein riesiges Wurst- und Käsebuffet und Austern. Ja Austern. Ich hatte außer C noch einige Freunde eingeladen und alle waren beeindruckt und begeistert – vom Büro und vom Buffet. Mein ehemaliger Arbeitskollege Neil war überglücklich, endlich seinem Idol Jack Dorsey zu begegnen, der sich wie immer volksnah gab und draußen auf der Dachterrasse Gäste begrüßte. Neil hatte mir gerade erzählt, dass sein Vater, selbständig und mittlerweile Square-Kunde, ihn am Tag zuvor angerufen hatte und seinen Sohn gefragt hatte, ob er jemals etwas von einem Jack Dorsey gehört habe. Der Typ sei ja in aller Munde. Tja, und jetzt stand er wenige Meter von Neil entfernt. Neil traute sich, sagte hallo und hatte wieder eine Geschichte mehr zu erzählen, vom Leben in Silicon Valley.
Als Bier und Wein alle waren, die Reste des Buffets abgeräumt und die Security-Leute uns raus geschmissen hatten, ließen wir den Abend mit Cs Siemenspraktikanten auf dem Balkon eines Hochhauses um die Ecke ausklingen. Es war der letzte Abend von Tino und wie hätte er ihn effektvoller verbringen können? Es gab die letzten Biere und Tinos letzte Packung Chips. Und Neil erzählte Geschichten von seiner indischen Familie – mit perfektem indischen Akzent.
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