Ich melde mich selten zu Wort, auf diesem Blog. D ist so eisern dabei, findet die richtigen Worte und macht tolle Fotos. Und so beschäftige ich mich damit, die Ausflüge und Events zu planen, die als Grundlage für Posts dienen können. Aber manchmal bin ich unterwegs und denke, das muss für die Nachwelt festgehalten werden. Meine Startupkarriere hat mich bisher davon abgehalten. Aber die habe ich jetzt erstmal an den Nagel gehängt und beschäftige mich mit meinem Investordasein (vielleicht ein andermal mehr dazu). Nun habe mehr Zeit und kann nach 7 Jahren mal wieder einen Gastbeitrag schreiben.
Gestern war ich beim ersten City Council Meeting in Berkeley. Da ist mir mal wieder bewusst geworden, was wir für ein Glück haben, in dieser einmaligen Stadt zu wohnen. Wir dürfen hier zwar nicht wählen, aber können uns trotzdem zu Wort melden und dafür sorgen, dass die Stadt dem Puls der Zeit voraus bleibt. Hier ein paar Beispiele:
Unser City Council (der “Senat“ der Stadt plus Bürgermeister) besteht aus 9 Mitgliedern, davon sind 6 Frauen und 3 Männern, 2 Schwarze, 1 Latino, 1 Inderin, 1 Asiate und 3 Weisse – und keinen weissen Mann.
3 Flaggen hängen aus: die amerikanische, die kalifornische und die Regenbogen Flagge.
Hier wurde nicht nur Freie Meinungsäußerung erkämpft, Berkeley hat als erste Stadt (nur 3 Beispiele, die Liste könnte Seiten füllen):
eingetragene Lebenspartnerschaften ermöglicht
eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke erhoben,
Solarinstallationen auf allen neuen Gebäuden verordnet.
Gestern wurde einstimmig beschlossen, dass es in neuen Gebäuden keine Gas-Infrastruktur mehr geben wird. Wir sind mit unserem 80% Erneuerbare Ziel bis 2030 hinterher und müssen handeln. Strom ist in Berkeley schon 80% erneuerbar, aber es gibt kaum Biogas in Kalifornien. Es waren ca. 100 Leute bei der Versammlung, die sich positiv zum Thema geäußert haben – so auch PG&E (unser lokaler Energieversorger), mehrere namhafte Architekten und der Chef des kalifornischen Energieministeriums. Der wohnt nämlich auch in Berkeley. Berkeley ist die 1. Stadt, die ein solches Gesetz verabschiedet hat.
Jetzt schaue ich mich nach einer Wärmepumpe für unser Häuschen um. Ohne Erdgas im Haus sind wir bei einem Erdbeben sicherer aufgestellt, es gibt keine NOx Emissionen im Haus und mit unserer Solaranlage auf dem Dach, kriegen wir den Strom sowieso “umsonst”. Als gute Berkeleyaner wollen wir ja ganz vorne mit dabei sein.
Am zweiten Tag stand unsere erste richtig Wanderung an. Zuerst mussten wir aber die Morgensteifigkeit überwinden, denn die erste Nacht auf der neuen Matratze war leider nicht so bequem wie erhofft. 10cm Schaum sind halt nicht viel, selbst wenn man die Hightech Froli-Federn darunter hat. Mit dem Bett müssen wir uns also noch etwas einfallen lassen.
Nach einem opulenten Frühstück fuhren wir zum Stanislaus Meadow, von wo unsere Wanderung zum Bull Run Lake beginnen sollte. Schnell noch die Solardusche aufs bereits heiße Autodacht gelegt und es konnte los gehen. Apropos Autodach: Unsere Leiter, von der wir Anfangs dachten, wir würden sie selten benutzen, entpuppte sich schnell als Multitalent. Aber später mehr dazu.
Bereits auf den ersten Metern des Wanderwegs hatten wir ein dèjá vu. Vor zwei Jahren waren wir in der Mokelumne Wilderness ebenfalls im Frühsommer wandern—und überall lag noch Schnee. Heute sollte es wieder so sein. Teils ein paar Zentimeter, teils weit über einen Meter hoch türmte sich der Schnee, so dass der Wanderweg oft nicht zu sehen war. Wir suchten und suchten, nahmen Umwege in kauf, z.B. um Flüsse zu überqueren, und so wurden aus 7,5 Meilen Wanderung und 3,5h, 10+ Meilen und 6h. Im Schnee kommt man halt nicht gut voran, vor allem nicht, wenn man sich bergauf durchs Dickicht schlagen muss. Letztendlich musste C auf eine Wander-App mit GPS zurückgreifen, um den Weg zum See zu finden. Nach fast 4h Wanderung waren wir am Ziel. Traumhaft lag der Bull Run Lake in der Nachmittagssonne—auf dem Wasser gab es tatsächlich noch Eisschollen. Wir sogen die Eindrücke ein, beobachteten Camper, die tatsächlich hier oben im Zelt (und im Schnee) die Nacht verbringen wollten, und machten uns auf den Heimweg. Wir hatten schließlich noch einiges vor.
Der Rückweg war hart und zog sich. Kurz vor Schluss verliefen wir uns noch einmal. Zurück am Auto waren wir dementsprechend müde und bedient. Die Wanderung was toll, die Natur phantastisch, aber wir hatten erstmal genug. Zurück an unserem Plätzchen am Fluss freuten wir uns dann über die Solardusche (danke, Mama und Papa), die mit über 41ºC richtig heiß war und an der Leiter auf perfekter Höhe hing. Was gibt es besseres, als eine heiße Dusche am Ende der Wanderung in der Wildnis?
Am nächsten Tag machten wir halblang, fuhren erstmals zum Ebbetts Pass und machten nur eine kurze Wanderung zu zwei Bergseen. C hatte Ambitionen über eine Schotterstraße ins Hochgebirge zu fahren, aber am dritten Schneehügel blieb der Sprinter dann stecken—trotz Allradantrieb. Allerdings fanden wir an der gleichen Straße ein traumhaftes Plätzchen für die Nacht, noch schöner als an den Tagen zuvor. Wir waren ganz alleine, etwas oberhalb des Flusses, der zudem einen hübschen Bogen machte. Hier war es zwar deutlich windiger und dadurch kälter, aber dafür gab es kaum Mücken. Wir kochten Tofu-Curry und setzten uns dann wieder ins Auto, als es draußen zu kalt wurde. Die letzte Nacht war dann auch etwas besser, aber die Matratze hat uns insgesamt nicht überzeugt. Zum Glück nimmt Ikea sie wieder zurück.
Fazit: Der Sprinter ist ein riesiges Upgrade. Unsere bisherige Arbeit hat sich gelohnt und die Ausstattung insgesamt gut funktioniert. Die 100A Bordbatterie hat für den Kühlschrank und den Fan ausgereicht. Wir konnten problemlos 3 Tage komplett wild campen. Zwei größere Lithium-Eisenphosphat-Batterien wollen wir dennoch einbauen. Der neue Kühlschrank ermöglicht es uns, frisches Gemüse mitzunehmen—wir haben so gut gegessen wie noch nie. Wenn wir erstmal die Solarpanels angeschlossen haben, Licht haben, die Truma-Heizung eingebaut ist, wir fließend Wasser haben… Das alles wird noch dauern, aber wenn es soweit ist, können wir in dem Van wohnen. Das ist doch was!
4. Juli, 7 Uhr. Der Wochenwecker riss uns ungewollt aus dem Schlaf. Na gut, dann waren wir eben früh dran. Frühstück, Sachen ins Auto räumen, es gab ja auch einiges zu tun, bevor wir in Richtung Berge aufbrechen konnten. Um 9:30 Uhr waren wir dann unterwegs. Bei 75 Mph auf dem Highway die erste Erleichterung: Die Solarpanels hielten und erzeugten minimale Windgeräusche. Der Verkehr hielt sich in Grenzen, wir kamen gut voran. In Livermore waren die Parkplätze der Premium-Outlets schon prall gefüllt. Die Independence Day Deals lockten, wir aber ließen uns nicht beirren.
Die Fahrt nach Bear Valley war nicht besonders ereignisreich. Die Orte wurden kleiner und verschlafener. Wir stoppten kurz in Copperopolis—Ihr könnt Euch denken, woher der Name stammt—und fanden uns buchstäblich im Wilden Westen wieder: das Gras golden, die Rinder auf den Weiden, eine Ranch folgte auf die nächste. Irgendwann kam der vertraute Piniengeruch dazu, dann wussten wir: es ist nicht mehr weit. Gegen 13 Uhr machten wir am Lake Alpine Mittagspause. Der See war recht groß und gut besucht. Boote, Kajaks, Angler—Alle waren sie unterwegs. Wir aßen unsere Linsen-Wraps und zogen dann weiter, um einen Platz für die Nacht zu finden. Der erste Campingplatz war halb unter Wasser und halb eingeschneit, die Bänke von den Schneemassen zermalmt. Spätestens jetzt wussten wir, was uns in der Nacht erwarten würde. Der zweite Campingplatz etwas weiter im Tal war ganz nett, aber voller Mücken. Auch hier stand überall das Wasser. Wir fuhren weiter und fanden dann ein nettes, kostenloses Plätzchen direkt am Fluss, das wir für uns alleine hatten.
Natürlich fing ich sofort damit an, die Markise auszurollen, nur um dann festzustellen, dass die Beine nicht hielten. Leider hatten wir die Bedienungsanleitung in Berkeley liegen lassen, sonst hätten wir uns zu helfen gewusst. An der Markise war alles in Ordnung, wir haben bloß die Verriegelung der Beine nicht richtig verstanden. Halb aus Frust und halb weil es so heiß war, machte ich mich daran, den elektrischen Deckenfan an das gestern provisorisch verlegte Stromkabel für den Kühlschrank anzuschließen. Das klappte hervorragend und so machten wir erstmal ein Nickerchen mit einem angenehmen Luftzug.
Falls wir jemals Zweifel hatten, ob wir nach unserer langen Campingpause wieder in unseren Rhythmus kommen würden, sie zerstreuten sich sofort. Abends kochten wir Nudeln und trotzen den Mücken, die natürlich auch hier am Fluss ihr Unwesen trieben. Markise hin oder her, eines ist schon einmal klar: Der Sprinter bietet ein ganz anderes Raumgefühl als unser alter Van. C drehte die Vordersitze um 180 Grad und schin hatten wir mit unserer Zweiersitzbank ein richtiges Wohnzimmer. Als es kalt wurde und die Mücken nervten, zogen wir einfach ins Auto um und da schreibe ich jetzt diese Zeilen. Wir werden noch viel Spaß haben mit unserem neuen Camper.
Wir haben es geschafft. Wir sind startklar und bereit für unseren ersten richtigen Campingausflug mit unserem Sprinter. Vier Wochenenden haben wir alles gegeben für diesen Moment. Vorgestern Abend haben wir die Froli-Bettfedern zusammengebaut, gestern Abend die Markise angebracht und die neue Matratze auf den Bettfedern ins Auto gelegt. Heute haben wir vor allem gepackt und dann entschieden erst morgen loszufahren. Das gab uns noch etwas Zeit für ein Experiment.
Gestern ist nämlich unser neuer Kühlschrank gekommen. Er ist ungefähr doppelt so groß wie unser alter, den wir immer in unserem GMC Safari dabei hatten. C war so scharf auf den Kühlschrank, dass sie spontan vorschlug, ihn einfach mitzunehmen—und warum nicht? Ich hatte noch einen 12V-Zigarettenanzünderstecker mit passender 15A Sicherung. Der Sprinter hat zwei 12V Buchsen, eine vorne und eine im Laderaum, die von der zweiten Starterbatterie (ab Werk) gespeist werden. Also haben wir einfach den Kühlschrank über ein längeres Kabel mit dem Stecker angeschlossen. Und siehe da, es klappte auf Anhieb. Damit haben wir unser Ziel sogar übertroffen. Wir wollten den Sprinter auf das Niveau bringen, das wir vom Safari gewohnt waren. Jetzt haben wir sogar schon einen größeren Kühlschrank als vorher.
Der Einbau der Markise verdient auch noch eine kurze Geschichte. Der Sprinter ist über 3m hoch, die Markise über 3m lang. Sie wiegt zwar nicht besonders viel, ca. 20 kg, aber damit wollten C und ich nicht auf zwei Leitern steigen. Stattdessen haben wir uns in Berkeley nach Laderampen umgesehen und wurden in der 4th St fündig. Als unser Kumpel Fabrizio sich dann noch bereit erklärte, uns zu helfen, konnte der Einbau vonstatten gehen. Wir fuhren abends zu dritt zur Laderampe und C stellte den Sprinter parallel daneben. Dann mussten Fabrizio und ich nur noch die Markise auf die Laderampe legen und sie dann zu zweit auf Höhe des Autodachs heben, wo C schon wartete und sie einhängte. Die ganze Aktion war innerhalb einer halben Stunde erledigt—mitsamt Fixierung der Markise. Danach gingen wir zur Feier des Tages noch ein Bier trinken.
Morgen früh geht es in die Berge, in Richtung Bear Valley. Bear Valley liegt zwischen Lake Tahoe und Yosemite. Wir erwarten dort nicht so einen Massenandrang wie im Yosemite. Dort ist eh immer die Hölle los und an Feiertagen wie diesem 4. Juli geht gar nichts mehr. In Bear Valley finden wir dagegen vielleicht sogar noch einen Campingplatz, z.B. am Mosquito-Lake, oder wir stehen einfach wild. Das entsprechende Campfire-Permit hat C heute schon besorgt.
Nach vier Wochenenden schuften freuen wir uns jetzt auf vier Tage frei, abseits des Trubels der Bay Area und weit weg vom Internet. Stattdessen stehen Wandern und draußen kochen auf dem Programm. Wir melden uns nächste Woche mit ersten Eindrücken und Fotos von der Markise.