Irrfahrt durch die Nacht
Wie ihr wahrscheinlich schon den Fotos entnommen habt, haben wir dieses Jahr einen Bomben-Winter in Kalifornien—mit Schnee ohne Ende. Da gilt es natürlich das meiste aus unseren Skipässen herauszuholen. Letztes Wochenende sind wir daher wieder zum Lake Tahoe gepilgert, um Skifahren zu gehen. Während es in der Nacht zum Samstag moderat schneite und wir relativ entspannt zum Skigebiet (Heavenly) kamen, mussten wir am Sonntag erstmal das Auto ausgraben. Wir hatten über Nacht gut 1m frischen Pulverschnee bekommen. Danach musste der Sprinter zeigen, was er konnte. Ohne Schneeketten aber mit Allradantrieb pflügte ich eine Spur durch die ungeräumte Anliegerstraße und schaffte es tatsächlich relativ problemlos zur Hauptstraße.
Obwohl wir ziemlich früh dran waren, erwartet uns vor dem Skigebiet der obligatorische Stau. Leider fahren die Leute hier im Winter noch schlimmer als sonst, was unter anderem dazu führte, dass ich an einer steilen, eisigen Stelle anhalten musste. Die Räder drehten durch, der Sprinter rutschte Seitwärts, aber es gelang mir, ihn abzufangen und wieder in die Spur zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, dass dieser Moment ein Vorbote für die Heimreise sein würde.
Das Skifahren an sich war unbeschreiblich. C und ich sind ja keine großen Tiefschneefahrer, aber wir lernen schnell und fallen weich. Der Schnee war etwas stumpf und daher langsam, so dass man gut in der Falllinie bleiben konnte. Wir stürzten uns die Hänge hinab, teils zwischen den Bäumen, aber fast immer auf unberührtem Terrain. Ab und zu stießen wir einen Jubelschrei hinaus, denn solche Schneeverhältnisse bekommt man selbst am Tahoe selten zu Gesicht—bis zu den Oberschenkeln standen wir im Schnee. Natürlich waren die Schlangen an den Sesselliften lang, denn die Lifte mussten erst nach und nach ausgegraben werden. Wir machten aber das Beste daraus, denn immerhin kam auch etwas die Sonne raus. Nach und nach immer mehr Pisten freigegeben und die Jagd nach unberührtem Schnee begann von neuem.
Um 14 Uhr hatten wir genug und machten uns am Auto bereit für die Heimreise. C und ich hatten Karten für Bill Maher (live) in Oakland und stellten uns auf eine lange Heimfahrt ein. Der Highway 50 war offen, die Lawinengefahr gebannt. Wir hofften, die Rückfahrt in 5h zu schaffen. Leider kam alles anders als gedacht. Bereits die 4 Meilen vom Skigebiet zum Highway 50 gerieten zur Geduldsprobe—wir brauchten 4,5h! Stau, Stau, Stau. Teilweise standen wir 20-30 Minuten, ohne dass es voran ging. Die Google Navigation schickte uns dann noch in irgendwelche Seitenstraßen, wo dann Autos ohne Schneeketten stecken geblieben waren und uns zur Umkehr zwangen.
An einer Stelle ging es in einer Linkskurve bergab zurück auf die Hauptstraße. Der Fahrer vor mir bat darum, Abstand zu halten—aus gutem Grund: er rutschte mit seinem Audi die Straße runter. Als ich an der Reihe war, war mir in der Tat etwas mulmig zu Mute. “Ach was”, dachte ich, “Der Sprinter wiegt eine Menge. Es wird schon schief gehen”. Tatsächlich kam auch ich ordentlich ins Rutschen, musste von der Bremse und schaffte es irgendwie, in die Kurve einzulenken. Zum Glück hatte ein Fahrer auf der Hauptstraße eine Lücke gelassen, in die ich jetzt mit dem Sprinter schoss. Dort hatten die Räder dann wieder halt und die Gefahr war gebannt. Der Fahrer zeigte mir den erhobenen Daumen—es muss wohl abenteuerlich ausgehen haben, wie ich die Straße hinunter kam.
Auf dem Highway 50 war die Lage auch nicht besser. Erst nach der Kontrollstation für Kettenpflicht (oder 4×4) ging es etwas besser. Insgesamt 11,5h dauerte die Fahrt nach Hause—für ca. 320km. Um 14:30 Uhr waren wir losgefahren, um 2 Uhr nachts kamen wir in Berkeley an. Bis dato war unser Negativrekord für die Heimreise 5,5h gewesen. Jetzt hatten wir ihn locker verdoppelt. Nur zur Anmerkung: Bei guten Bedingungen schafft man diese Fahrt in 3,5h. War es das jetzt wert? Wir waren uns uneins: C und unsere Freundin Liz schwärmten vom Schnee, ich weinte Bill Maher und der vertanen Zeit hinterher. Aber eines ist klar: Wir haben wieder ein Abenteuer erlebt, von dem wir noch lange reden werden.