Auf den Bär gekommen
Nach dem gestrigen Gewaltmarsch wollten wir es heute etwas ruhiger angehen lassen. “Lediglich” eine 14km Wanderung zum North Dome stand auf dem Programm. Im Gegensatz zur Königswanderung zum Half Dome ist diese Wanderung deutlich einfacher, kürzer und einsamer – genau das Richtige für uns. Mit ausreichend Wasser und selbst gebackenen Müsliriegeln bewaffnet machten wir uns auf dem Weg. Alles sah nach einem ruhigen Spaziergang aus, als C plötzlich meinen Arm ergriff: “Da vorne ist ein riesiger Bär”, flüsterte sie. Und tatsächlich, knapp 50m vor uns stapfte ein stattlicher (brauner) Schwarzbär über den Weg. Er nahm reißaus und verschwand im Wald – zum Glück, denn dieser Bär wäre aufgerichtet wahrscheinlich ein paar Zentimeter größer als ich gewesen. Und über 100kg schwerer. Wir waren zu Salzsäulen erstarrt und fühlten gleichzeitig Furcht, Neugier und Faszination. Im Laufe der Jahre hatten wir in Kalifornien schon ein paar Bären gesehen, aber noch nie waren wir einem so nah. Wir waren uns der Gefahr bewusst, konnten aber gleichzeitig unser Glück kaum fassen. Außerdem sah der Bär einfach richtig flauschig aus. Nur für ein Beweisfoto hat die Zeit leider nicht gereicht.
Der Rest der Wanderung war dann tatsächlich sehr entspannt. Der North Dome ragt etwas in das Yosemite Tal hinein und so wurden wir mit atemberaubenden Ausblicken belohnt. Zu unserer linken thronte der Half Dome, auf dem man sogar winzige Menschen erblicken konnte, und zu unserer rechten öffnete sich das Tal, samt Upper Yosemite Falls und dem Yosemite Point. Der Rückweg war dann etwas anstrengender, aber kein Vergleich zum Vortag. Vom Bär fehlte allerdings jede Spur.
Wieder am Auto angekommen machten wir noch einen Abstecher zu den Tuolumne Meadows, wo wir uns ein Snickers Eis gönnten. Danach hüpften wir noch spontan in den Tenaya Lake, hielten es aufgrund der eisigen Temperaturen aber nicht lange darin aus. Egal, immerhin die Dusche gespart. Zurück im Camp liessen wir den Abend mit einer Flasche Rotwein am Lagerfeuer ausklingen.
Yosemite!
Der 4. Juli fiel dieses Jahr auf einen Samstag, so dass wir stattdessen den Freitag frei bekommen haben und auf unser langes Wochenende nicht verzichten mussten – eine gute Gelegenheit zum Yosemite zu fahren. Immerhin war es schon wieder 2 Jahre her, dass wir dort waren. Und so warfen wir uns am Donnerstagabend in den Feierabendverkehr, standen 2 Stunden im Stau und schafften es weit nach Einbruch der Dunkelheit in den Nationalpark. Wir hatten uns den entlegenen Yosemite Creek Campingplatz ausgesucht, in der Hoffnung an diesem begehrten Wochenende noch einen Platz zu ergattern. Und wir hatten Glück. Aber vorher mussten wir noch 5 Meilen auf der weitgehend unbefestigten ehemaligen Minenstraße zurücklegen. Im Scheinwerferlicht manövrierte ich unseren Van von einem Schlagloch zum nächsten – in Schrittgeschwindigkeit. Nach über 6 Stunden waren wir endlich angekommen, suchten uns ein gemütliches Plätzchen aus und gingen schlafen.
Am nächsten Morgen genehmigten wir uns erstmal ein dickes Frühstück und beobachteten das Treiben der Neuankömmlinge. Wie Kalifornien war auch der Campingplatz international besetzt: Inder, Osteuropäer, Asiaten, Mexikaner – alle waren vertreten. Seltsamerweise bevorzugten die Mexikaner die Plätze direkt an den Toiletten. Vielleicht ist das mit vielen kleinen Kindern einfacher? Egal, den Yosemite Nationalpark erkundet man am besten, in dem man viel wandert. Wie praktisch, dass direkt von unserem Campingplatz ein Pfad zu den Upper Yosemite Falls abging. 12 Meilen, das klang viel, aber die Aussicht auf das Tal und eventuell ein Bad im Wasserfall waren verlockend. Außerdem rechneten wir nicht mit großen Anstiegen, da wir bereits nördlich des Tals auf einer ähnlichen Höhe waren. Also ging es mit leichtem Gepäck und der Kamera los. Wir kamen gut voran, fanden bald zum Yosemite Creek und wanderten dann entlang seines Ufers bis zum großen Wasserfall. Es war warm, aber nicht heiß und wir genossen die total Einsamkeit mitten in der Wildnis. Erstaunlicherweise fanden sich selbst am Wasserfall weniger Menschen wieder als gedacht. Wir hatten mit einem Ansturm von Touristen aus dem Tal gerechnet. Einmal mehr wieder bewahrheitete sich, dass die meisten Besucher des Yosemite lediglich die Straßen im Tal abfahren und es dabei belassen – wenn die wüssten, was ihnen entgeht! C und ich waren so gut drauf, dass wir noch die 1 Meile zum Yosemite Point hinauf kletterten und dann den atemberaubenden Blick auf den Half Dome und ins Yosemite Tal genießen konnten. Phantastisch! So etwas gibt es nicht noch einmal auf der Welt.
Auf dem Rückweg bekamen wir dann jedoch die Länge unseres Tagesausflugs zu spüren. Die Beine wurden müde und wir mussten jede Stunde anhalten, um uns auszuruhen. Nach 18 km waren wir platt, aber die Aussicht auf eine kalte Limo und etwas zu essen trieben uns weiter. Nach über 23 km und 7h Wanderung erreichten wir endlich unseren Campingplatz. Ich kann ohne Übertreibung sagen: So weit bin ich in meinem ganzen Leben noch nicht an einem Stück gelaufen. Egal, wieder etwas neues gemacht, wieder um eine Erfahrung reicher und wieder einmal sehr lebendig gefühlt. Nach einer dicken Portion Pasta sanken wir um 21 Uhr ins Bett und schliefen ganze 12h bis 9 Uhr morgens. Das ist Yosemite!