Mehr Besuch
Keine Sorge, wir leben noch! Während der letzten 4 Wochen hatten wir Besuch von meiner Cousine Susanna und ihrem Freund Lukas. Dabei ist das Schreiben etwas zu kurz gekommen. Susanna war die ersten 2 Wochen alleine hier und hat es vor allem ruhig angehen lassen – mit Ausnahme ihres knallharten Sportprogramms: jeden Tag mindestens 8km Joggen waren angesagt! Ansonsten hat sie die Tage abwechselnd in San Francisco oder bei uns zu Hause in Berkeley verbracht. Dabei hat sie noch Zeit gefunden, uns Nussecken und Zimtschnecken zu backen. Außerdem hat sie einen Abstecher nach Los Angeles gemacht und war dann mit einer Gruppenreise in Las Vegas, am Grand Canyon und im Zion Nationalpark. Richtig so! Wenn man schon in Kalifornien ist, muss man sich auch viel anschauen.
Zusammen haben die beiden dann noch einen Roadtrip zum Lake Tahoe und dem Yosemite Nationalpark gemacht. Letzterer wurde wieder einmal zum Highlight in Kalifornien ernannt. Daran konnte auch die Rückfahrt über den Highway 1 nichts mehr ändern. Obwohl, die Shoppingcenter in Gilroy haben es den beiden auch angetan – zumindest kamen sie mit massen von Tüten voller Klamotten zurück nach Berkeley. Zu Hause haben wir dann Lukas und Susanna noch zum Pflaumenpflücken eingeteilt. Über 20kg haben wir alleine am ersten Wochenende geerntet und es hingen immer noch eimerweise Pflaumen am Baum. Zusammen wurde dann Gelee eingekocht und ich habe einen Pflaumenlikör à la Oma angesetzt. Da werde ich mal ein Gläschen auf Dich trinken, meine Liebe!
9 – Das große Finale
Unsere Abreise aus Granada war so gut geplant, wie man in einem Land ohne Pläne eben planen kann. 7 Uhr: aufstehen, duschen. 7.30 Uhr Frühstück, Zähne putzen, zu Ende packen. 8 Uhr: Briefmarken bei der Post einkaufen, Postkarten bekleben und einwerfen. 8.15 Uhr: auschecken, zu Fuß zum Platz aufbrechen. 8.30 Uhr: Expressbus nach Managua besteigen.
“Das ist aber auch ein Seelenverkäufer”, bemerkt C, als wir sitzen. Es stimmt, der Bus ist alt und heruntergekommen – Schrott. Egal, er fährt los, wir sitzen und haben Zeit. Um 12.11 Uhr startet unser Flieger. Wir zahlen für 3, da unsere Rucksäcke einen Platz einnehmen (75 Córdobas, $3). Bis Masaya geht alles gut, dann tut es beim Anfahren einen lauten Schlag. C schaut besorgt: “Das klingt nach dem Differential”. Der DJ steigt aus, schaut prüfen, weist den Fahrer an, es noch einmal zu versuchen. Es knallt erneut metallisch. Der Fahrer versucht es mit der Brechstange und gibt Gas. Es scheppert richtig laut, ich spüre es unter meinen Füßen vibrieren und Rauch steigt auf. Das war’s. Jetzt es ist endgültig Schluss! Wir steigen aus und halten den Daumen raus. Irgend ein Bus wird uns schon mitnehmen. Unser Geld sind wir los, aber längst machen wir uns mehr Sorgen wg. der Zeit.
10 Minuten später sitzen wir in einem ehemaligen Schulbus. Express war einmal – er hält an jeder Milchkanne. Die Zeit verrinnt. Für 25 km braucht er 1 Stunde. Endlich erreichen wir die Ausläufer von Managua. 10.15 Uhr: wir springen aus dem Bus und entern ein Taxi. Es herrscht dichter Verkehr. Der Fahrer navigiert durch enge Gassen und wir haben schon lange die Orientierung verloren. Plötzlich hält er an, hupt und drückt (s)einer heran eilenden Frau ein Bündel Geldscheine in die Hand. Erbost weisen wir ihn darauf hin, dass wir es eilig haben. Jetzt gibt der Typ richtig Gas und wir heizen durch die Gassen, eine Einbahnstraße (natürlich in falscher Richtung) und schließlich entlang der hässlichen Bäume aus Metall (offiziell Kunstwerke), die für Managua typisch sind, zum Flughafen. 10.40 Uhr: wir sind da, aber unser Flugzeug nicht – 2h Verspätung. Wir schlagen die Zeit tot, C wird in die First upgegraded. Ich bin der erste auf der Warteliste. Als wir einsteigen bin ich nur noch Nummer zwei und die eins kriegt den letzten First Platz. Egal, immerhin habe ich durch C einen Sitz mit mehr Beinfreiheit in der Economy Plus ergattert und dazu schickt mir C noch ihren Nachtisch nach hinten. Ich bin gerührt und gönne ihr den dicken Fernsehsessel ganz vorne.
In Houston hat uns die Zivilisation wieder. Ich bin von den Amis genervt, aber die Einreise in die USA geht schnell und problemlos. Erwähnenswert ist, dass alle Grenzbeamten gleich aussehen: Glatze mit Vollbart. Nur einer trägt dazu einen schwarze Brille und tanz damit es etwas aus der Reihe. Wir beeilen uns, bis wir erfahren, dass auch der 2. Flieger 2h Verspätung hat. Also gibt es Burger und Bier bei einer toughen, flirtenden Kellnerin, die uns nebenbei noch von ihrem vierjährigen Sohn erzählt. Der Flug ist nicht weiter erwähnenswert, bis heftige Turbulenzen über New Mexico aufkommen. Nach 30 Minuten bittet der Pilot die Flugbegleiter Platz zu nehmen. Es geht weiter und ich denke an den Bus heute morgen. Aber dieses United Flugzeug ist jünger als seine Flugbegleiterinnen (altes United-Spiel) und nach weiteren 15 Minuten wird es ruhiger. In San Francisco erwarten uns die Kühle des Sommernebels und unser treuer Van, den wir vor unserem alten Haus in San Bruno geparkt hatten. Schön war’s in Nicaragua, aber wenn man in Kalifornien wohnt, kommt man auch gerne wieder nach Hause.
8 – Volcano Rim Dance
Heute wollen wir uns einen der 40 Vulkane von Nicaragua aus der Nähe anschauen – natürlich einen aktiven! Dank Klimaanlage habe ich gut geschlafen, mein Magen ist auch guter Dinge und nach dem Frühstück kann’s losgehen. Mit leichtem Gepäck schnappen wir uns einen Expressbus am Platz, der bring uns zum Busbahnhof und da steigen wir dann in den ersten Bus in der Schlange – es muss alles seine Ordnung haben. Von Masaya aus geht’s dann im Taxi zum Nationalpark. Am Parkeingang gabeln wir noch 2 Inselaffen (Engländer) auf. Mit denen haben wir es irgendwie gerade. Nach der Wahl versuchen wir europäische Entwicklungshilfe zu leisten. Leider ist hier die falsche Klientel – eher wenig konservativ orientiert. Unser Taxi bringt uns die 5km bis zum Krater… besser als laufen!
Der Volkán de Masaya ist munter am Dampf rauspusten – ziemlich beeindruckend! Es gibt noch 3 weitere Krater, die aber nicht aktiv sind. Wir wandern mit unseren Flipflops durch’s Lava-Geröll. Eine tolle Übung finde ich, D findet, es sind die falschen Schuhe. Ein paar Wege sind abgesperrt, eine (für Nica-Verhältnisse) riesige Musikanlage wird aufgebaut. Irgendeine Party steigt hier gleich. Oben am Rim wird uns klar, was los ist: Hier wird gleich ein Mountainbike Downhillrennen angepfiffen. Nicht den Krater runter, der Weg drumherum tut es auch. D ist nicht beeindruckt von den Bikes und dann auch nicht von der Performance: “Marmot-Sarah würde die alle stehen lassen!” Egal, die Nicas geben alles und die Sportart ist hier auch weit entfernt vom Mainstream. Für den Rückweg schummeln wir uns in einen Schulbus. Lehramtsstudenten haben einen Klassenausflug organisiert. Der Typ hinter mir studiert seit 2 Jahren Englisch und spricht hervorragend. Er kann sogar ein paar Worte Deutsch und Französisch. Sprachen sind hier alles.
Ich lerne, dass man in einer guten Gegend ein Haus für $100 pro Monat mieten kann. Ein Lehrer an der deutschen Schule verdient ca. $2000 im Monat. Und wieder kommt die Meinung durch, dass wir in den USA (und der entwickelten Welt) so viel arbeiten und keine Zeit für Spaß haben. Ich glaube, dass die Leute hier so hart arbeiten, um die “einfachen Dinge” des Lebens zu organisieren, dass dies unsere längeren Arbeitszeiten locker übersteigt. Aber ist es nicht ok, dass die Menschen hier glauben, sie hätten mehr Freizeit als wir?
Wir steigen am Visitorcenter aus und schauen uns die einfach gehaltenen Exponate an. Zu Fuß geht es 1km zurück zur Straßenkreuzung, wo wir keine Minute später in einen Expressbus steigen. Nächster Stop: Kunstmarkt in Masaya. Wir steigen an der Tankstelle aus und der Bus-DJ (der Typ, der das Geld einsammelt, die Stops organisiert und die Leute einweist) sagt, es wären nur 4 Blocks zu laufen. Na das schaffen wir auch ohne Taxi. Wir laufen los. Es fängt an zu nieseln. Die Straße ist ziemlich trostlos und wir ziemlich lost. Nach 10 Blocks fragen wir einen Passanten nach dem Markt: “Noch 4 Blocks”. Es ist so eine Konstante in der Geschichte, wie die 50 Jahre, in denen wir endlich mit Kernfusion unendlich viel Energie erzeugen. Nach weiteren gefühlten 10 Blocks sind wir da und gönnen uns erstmal eine Cola. Dann stürzen wir uns in das Gewimmel aus Touristen, Händlern, Hängematten, Holzschnitzereien und Honig. Wir sehen ein Bild, das uns beiden gefällt, und schlagen zu.
Mit der Beute im Gepäck nehmen wir diesmal ein Taxi zur Hauptstraße. Dort das alte Spiel: Der nächste Bus kommt kurz darauf und im Nu sind wir zurück in Granada. D hat sich einen Kaffee verdient und danach geht es zur Abkühlung in den Pool. Es regnet, zum ersten Mal seit wir hier sind, und mir ist kalt – auch zum ersten Mal seit wir hier sind! Tolles Gefühl! Es gibt noch ein Gourmet-Abendessen in der Touri-Meile: Nudeln und Steak. Letzter Urlaubsabend bei lauem Lüftchen, gemütlich hier.
–– C