Einmal Berlin und zurück
Ist es eine Schnapsidee, wenn man innerhalb einer Woche von San Francisco nach Berlin und zurück fliegt, nur um den Überraschungsgast auf einem 40. Geburtstag zu spielen? Ich finde, ja! C und ich haben es trotzdem gemacht.
Und so setzten wir uns am Freitagabend nach getaner Arbeit in die Lufthansa-Maschine nach München. Der Flug war weitgehend unspektakulär, was nicht nur an unseren Plätzen in der Economy Class lag, sondern daran, dass ich es fertigbrachte 7h zu schlafen. Absoluter Rekord. In München gab es schnell einen Kaffee, dann ging es auch schon weiter nach Berlin und beinahe ohne Umschweife direkt auf die Geburtstagsfeier von Cs Schwester, genannt Hasi. Wir hatten im Vorfeld alle Hoffnungen auf unser Erscheinen im Keim erstickt: Arbeit, bevorstehender Umzug, einfach zu viel zu tun. Daher war Hasis Gesichtsausdruck, nachdem sie die Wohnungstür geöffnet und uns Angesicht zu Angesicht gegenüber stand, auch unbezahlbar. Sie schaute uns an, dann zur Seite, wohl darüber grübelnd, ob sie schon zu viel Bier getrunken hatte, und dann wieder zu uns, bevor sie schließlich ein erfreutes und einladendes “ach nee!” ausstieß. Die Party war lustig, hielt uns davon ab, an Jetlag zu denken und offenbarte gleich den ersten Unterschied zu Kalifornien: Hasis Wohnung versank in dichtem Qualm, denn offenbar rauchen hier immer noch Alle.
Das blieb aber nicht der einzige vergessene Unterschied. Sicher, ich hatte nicht wirklich erwartet, im Januar Sonnenstrahlen in Berlin zu erleben. Dennoch war ich schockiert vom bedrückenden Grau der tief hängenden Wolken. Es wurde kalt in den folgenden Tagen und Berlin, das ich als lebendige Stadt in kenne, war wie ausgestorben. Niemand schien sich hinaus zu trauen, in diese Dunkelheit. Dennoch war es natürlich schön, einige wenige Freunde zu treffen und sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen. In einer Woche hat man nicht viel Zeit, vor allem nicht, wenn man noch mit seinem Vater Geburtstag feiern möchte. Überraschung Teil zwei, auch er wusste nicht Bescheid und auch er musste ein zweites Mal hinsehen, als er mich erblickte. C flog dann weiter nach Nürnberg und Finnland, denn im Gegensatz zu mir war sie nicht (nur) zum Spaß in Deutschland. Ich werde versuchen sie zu einem Gasteintrag zu überreden, denn Finnland ist offenbar die ein oder andere Geschichte wert.
Deutschland ist immer noch meine Heimat, aber erstmals war mir Berlin ein wenig fremd. Vielleicht bin ich einfach zu selten dort und ganz sicher hatte ich diesmal zu wenig Zeit. Es hat nicht einmal für einen Döner oder eine Currywurst gereicht. Und letztendlich ist Januar nicht die beste Reisezeit, für eine Schnapsidee aber gerade gut genug.
Abenteuer in Oakland!
Während in vielen Haushalten der Januar vor allem durch gute Vorsätze geprägt ist, muss es bei uns stattdessen mehr sein: Mehr Bier, Cola und Schnaps trinken, mehr Haferflocken, Sauerkraut und Schokolade essen. Alles muss raus, denn in zwei Wochen ziehen wir um. Nach Oakland.
Unverhofft kommt oft und so stürzen wir uns jetzt wieder in ein neues Abenteuer. Ein neues zu Hause in einer neuen Gegend, die nicht von wenigen weißen, konservativen Amerikanern als gefährlich und unbewohnbar angesehen wird. So in etwa wie Berlin Kreuzberg. Seitdem ich in San Francisco arbeite, spielen wir mit dem Gedanken umzuziehen. Nur die passende Bleibe ließ auf sich warten – bis zum letzten Wochenende.
Eigentlich war die Wohnungssuche eher meine Aufgabe. C und ich waren uns einig, dass wir nach einem Häuschen mit Garten und Garage suchten. Am besten in den Stadtteilen Rockridge oder Piedmont, also in Oakland. Die Preise dort sind allerdings schon saftig und die Gegend ist vielleicht schon zu sehr gentrifiziert. Uns hatte es eher das etwas städtischere und rauere Oakland angetan. Dort, wo am Fließband neue Restaurants und Cafés entstehen. Dort, wo nicht nur weiße, Asiaten, oder Schwarze leben – wir wollten ein bisschen von Allem.
Skurril ist allerdings die Geschichte unserer Wohnungsfindung. C hatte nämlich letztes Wochenende die Suche in die Hand genommen und gleich zwei nette Objekte gefunden. Das erste, eine umgebaute Scheune, schauten wir uns am Freitagabend an. C war begeistert und sofort bereit zuzusagen. Ich hatte meine Bedenken, denn es fehlte an Stauraum, gab Teppich im Gästezimmer und irgendwie fühlte es sich noch nicht richtig an. Ich habe gelernt, bei solchen Sachen auf mein Gefühl zu vertrauen. Dennoch kamen wir am Samstagmorgen wieder, um die Wohnung im Hellen zu sehen. Über Nacht hatten sich meine Bedenken zerstreut, vor allem, da meine Eltern mir dezent vor Augen geführt hatten, dass unsere aktuelle Bleibe in San Bruno auch nicht gerade einem Schloss gleicht. Ich war bereit zuzusagen. Wir bequatschten den Vermieter, ich machte Druck und schlug sogar vor, sofort zu unterschreiben, um andere Interessenten auszustechen. Er nahm gerne unsere Bewerbung an, wollte aber nicht sofort unterschreiben. Zum Glück.
Mit einem guten Gefühl fuhren wir zum zweiten Objekt – aus Neugier und weil es um die Ecke war. Dort traf uns der Schlag: Eine derart detailversessen renovierte, geschmackvolle und völlig moderne Wohnung hatten wir in diesem Land bisher noch nicht gesehen. Etwas kleiner als unser Haus, ohne Garage, und vor allem mit Obermietern, dafür aber super geschnitten, top ausgestattet und einfach gemütlich. Jetzt war es da, das Gefühl. Bei uns beiden. Die Vermieterin war uns sympathisch und wir ihr. Der Deal wurde noch vor Ort per Handschlag besiegelt. Am Abend informierten wir unseren aktuellen Vermieter über unseren bevorstehenden Abschied und unterschrieben dann den neuen Mietvertrag.
Für C reduziert sich am dem 01. Februar die Fahrzeit zur Arbeit um mehr als die Hälfte. Sie kann sogar mit dem Fahrrad nach Berkeley fahren. Für mich bleibt alles im Rahmen. Die BART-Station ist dann in 10 Minuten zu Fuß zu erreichen. Und Flugzeuge werden uns in absehbarer Zeit nicht mehr den Schlaf rauben. Wir sind glücklich.
Wir haben uns wohl gefühlt in San Bruno und uns hier unser erstes zu Hause geschaffen. Aber jetzt herrscht Aufbruchsstimmung. Es ist einmal mehr klar geworden, wie provisorisch dieses zu Hause geblieben ist. Jetzt freuen wir uns auf Oakland!
Ausflug zum Strand
Sie waren schon am Parkplatz zu riechen: Die Seelefanten machen derzeit wieder Station am Año Nuevo Point. Und was das Stinken angeht, so müssen sich Seelefanten wirklich vor niemandem verstecken.
Wir verbachten den Sonntagmittag damit, an einer geführten Tour durch den Año Nuevo State Park teilzunehmen. C hatte vier der begehrten Tickets bereits vor Monaten erstanden und so konnten wir noch Sven und Liz mitnehmen, die ihr Glück kaum fassen konnten. Es gab nämlich unheimlich viel zu sehen. Die Seelefanten, von denen die größten Bullen knapp 2 Tonnen auf die Waage bringen, balzten, röhrten und rülpsten um die Wette. Es galt die Aufmerksamkeit der Weibchen zu gewinnen und dafür ist den Bullen, wie manchmal auch uns Kerls, jedes Mittel recht. Gleichzeitig mussten zudem unliebsame Konkurrenten eingeschüchtert und vertrieben werden. Keine leichte Aufgabe für so manchen 2-Tonner, der nach wenigen Metern Bewegung an Land schon eine Verschnaufpause brauchte.
Während sich am Strand die Seelefanten tummelten, warteten in der Bucht bereits die weißen Haie. Wir haben zwar keine gesehen, aber uns wurde glaubhaft versichert, dass diese es auf die Jungtiere abgesehen haben, die, als Nichtschwimmer, von schweren Winterstürmen hinaus ins Meer gerissen werden. Erwachsene Seelefanten können Haiangriffe durchaus überleben. Es bleibt dann oft bei einem klaffenden Loch in der Zentimeter dicken Fettschicht. Außerdem können Seelefanten tiefer tauchen als Ihre Jäger, obwohl sie Säugetiere sind.
Mir ist das mit den Haien ganz recht. Sollen die sich doch am Año Nuevo Point versammeln und Jagd auf die Seelefanten machen. Dann können C und ich ja ruhigen Gewissens die Surfsaison einläuten.