10 Jahre Kalifornien
Es ist schon einige Monate her, seit ich das letzte mal einen Blogeintrag geschrieben habe. Es ist viel passiert, aber irgendwie habe ich nicht die Zeit und Muße gefunden, zu schreiben. Heute aber muss es sein, denn es ist ein ganz besonderer Tag für C und mich: Vor genau 10 Jahren—auf den Tag genau—sind wir nach Kalifornien ausgewandert.
Dementsprechend haben wir heute etwas in Erinnerungen geschwelgt und alte Fotos herausgesucht. Der Abschied in Berlin, unsere ersten Jobs, das gelbe Häuschen in San Bruno, die ersten Schritten im neuen Leben—kaum zu glauben, dass das alles jetzt 10 Jahre her ist. Die Fotos lügen nicht: Im Laufe der Jahre sind schon einige graue Haare und Falten dazu gekommen. Aber wenn ich mich Frage, wo die Zeit geblieben ist, dann wird diese Frage beantwortet mit unzähligen Erinnerungen. Wir haben das Wandern, Backpacken und Mountainbiken für uns entdeckt und nach und nach alle Nationalparks in Kalifornien erkundet. Wir haben Hawaii erforscht, Nicaragua bereist und waren in der Karibik und im Südpazifik segeln. Wir haben neue Freunde gefunden und alte Freundschaften gepflegt. Wir haben klein angefangen, unsere Erwartungen zurück geschraubt und dann im Laufe der Jahre (beide) beruflichen Erfolg gehabt. Wir haben ein gutes Leben in den USA und dabei nie den Spaß an unseren Jobs verloren. Wir sind gewachsen als Persönlichkeiten und uns noch einmal ein Stück näher gekommen, obwohl ich das eigentlich nicht mehr für möglich gehalten habe.
C und ich sind uns einig: Wir sind froh, dass wir damals unser Abenteuer in Kalifornien gesucht haben, denn wir möchten diese Erfahrung nicht missen. Und doch sind wir etwas überrascht, dass wir immer noch hier sind. In den letzten 10 Jahren haben wir viel erlebt, gesehen und gelernt. Die ersten zwei bis drei Jahre waren Abenteuer pur—alles war neu und wir kamen gar nicht mehr aus dem Entdecken raus. Danach entwickelte sich eine gewisse Routine, aber wir sind immer neugierig geblieben und haben das Glück, ab und zu tatsächlich etwas zum ersten Mal zu machen. Wir leben zwischen den Welten—nicht mehr nur deutsch, aber eben auch niemals „richtige“ Amerikaner. Das klingt vielleicht anstrengend, ist aber irre spannend, denn wir sehen viele Dinge jetzt aus zwei Perspektiven. Ich verstehe heute besser, wie Einwanderer ticken und warum sie im neuen Land an ihrer Kultur festhalten. Auch wenn man in der neuen Wahlheimat angekommen ist, Heimat bleibt eben Heimat. Wir sprechen nach wie vor Deutsch zu Hause und bevorzugen deutsches Pils. Wenn ich an diese 10 Jahre zurück denke, fühle ich vor allem Dankbarkeit darüber, was wir erreicht und erlebt haben.
Jetzt steht uns ein neuer Lebensabschnitt bevor. Im März ist unser Sohn Enzo zur Welt gekommen; und damit die größte Veränderung seit langem. Enzo hat bereits einen amerikanischen Pass; er könnte hier Präsident werden. Andererseits ist es uns wichtig, dass er auch unsere Sprache, Werte und Kultur kennenlernt. Wie wir das hinbekommen werden weiß der Himmel. Aber wir sind uns sicher, dass sein Start ins Leben nicht besser hätte sein können als hier in Kalifornien.