Strandtag
Einer der Vorteile in Kalifornien zu leben ist, dass man quasi jederzeit einen Strandtag einlegen kann – wenn das Wetter mitspielt. In Nordkalifornien ist das nicht immer so. Es ist zwar eigentlich immer sonnig, aber die Tage an denen es windstill und daher an der Küste richtig warm ist kann man sich in der Regel an einer Hand abzählen. Dieses Jahr haben wir allerdings einen Bombensommer. Heute war es wieder 31°C heiß und sogar das Meer hatte sich völlig überraschend auf satte 17°C aufgewärmt. Was liegt da näher als am Wochenende Urlaub am Strand zu machen?
Gesagt, getan. C und ich packten die Surfbretter ein und fuhren Richtung Norden zum Stinson Beach. Es war zwar schwer einen Parkplatz zu ergattern, aber am Strand war es dann gar nicht so voll. Die Surfbretter ließen wir allerdings im Auto, denn von Wellen war weit und breit nichts zu sehen. Also schnell T-Shirt aus und ab ins Meer. In drei Jahren Kalifornien war das erst das zweite Mal, dass ich mich ohne Neopren in den Pazifik wagte. Kein Wunder, es war arschkalt, aber nach ein paar Minuten hatte ich mich daran gewöhnt. Nach einer Stunde Sonnenbaden traf dann auch unser Kumpel Sven ein, der sich ebenfalls ans Meer verirrt hatte – ohne Badehose aber dafür mit langer Jeans. Wir vertrieben uns die Zeit mit etwas Frisbee spielen und einer zweiten Baderunde, bevor wir dann im Dorfkern einen Kaffee trinken gingen. Dort hatten wir eine wunderbare Aussicht auf das Treiben der Badegäste und erblickten gleich einen deutschen Kollegen von C mit seiner Freundin. Ja, die Bay Area ist auch ein Dorf. So ein ganzer Tag an der frischen Luft macht natürlich Hunger und begannen die Diskussionen in welches Restaurant man denn einkehren könnte. An so einem Urlaubssonntag wird natürlich nicht selber gekocht! Zum Glück hatte Sven kaltes Bier in seiner Kühlbox dabei und war sich nicht zu schade mit uns zu teilen. So kam mir dann auch schnell die glorreiche Idee, den Tag in Tiburon beim Abendessen mit Blick auf San Francisco und die Golden Gate Brücke ausklingen zu lassen. So kann man es sich schon gut gehen lassen, in Kalifornien.
Auf den Bär gekommen
Nach dem gestrigen Gewaltmarsch wollten wir es heute etwas ruhiger angehen lassen. “Lediglich” eine 14km Wanderung zum North Dome stand auf dem Programm. Im Gegensatz zur Königswanderung zum Half Dome ist diese Wanderung deutlich einfacher, kürzer und einsamer – genau das Richtige für uns. Mit ausreichend Wasser und selbst gebackenen Müsliriegeln bewaffnet machten wir uns auf dem Weg. Alles sah nach einem ruhigen Spaziergang aus, als C plötzlich meinen Arm ergriff: “Da vorne ist ein riesiger Bär”, flüsterte sie. Und tatsächlich, knapp 50m vor uns stapfte ein stattlicher (brauner) Schwarzbär über den Weg. Er nahm reißaus und verschwand im Wald – zum Glück, denn dieser Bär wäre aufgerichtet wahrscheinlich ein paar Zentimeter größer als ich gewesen. Und über 100kg schwerer. Wir waren zu Salzsäulen erstarrt und fühlten gleichzeitig Furcht, Neugier und Faszination. Im Laufe der Jahre hatten wir in Kalifornien schon ein paar Bären gesehen, aber noch nie waren wir einem so nah. Wir waren uns der Gefahr bewusst, konnten aber gleichzeitig unser Glück kaum fassen. Außerdem sah der Bär einfach richtig flauschig aus. Nur für ein Beweisfoto hat die Zeit leider nicht gereicht.
Der Rest der Wanderung war dann tatsächlich sehr entspannt. Der North Dome ragt etwas in das Yosemite Tal hinein und so wurden wir mit atemberaubenden Ausblicken belohnt. Zu unserer linken thronte der Half Dome, auf dem man sogar winzige Menschen erblicken konnte, und zu unserer rechten öffnete sich das Tal, samt Upper Yosemite Falls und dem Yosemite Point. Der Rückweg war dann etwas anstrengender, aber kein Vergleich zum Vortag. Vom Bär fehlte allerdings jede Spur.
Wieder am Auto angekommen machten wir noch einen Abstecher zu den Tuolumne Meadows, wo wir uns ein Snickers Eis gönnten. Danach hüpften wir noch spontan in den Tenaya Lake, hielten es aufgrund der eisigen Temperaturen aber nicht lange darin aus. Egal, immerhin die Dusche gespart. Zurück im Camp liessen wir den Abend mit einer Flasche Rotwein am Lagerfeuer ausklingen.
Yosemite!
Der 4. Juli fiel dieses Jahr auf einen Samstag, so dass wir stattdessen den Freitag frei bekommen haben und auf unser langes Wochenende nicht verzichten mussten – eine gute Gelegenheit zum Yosemite zu fahren. Immerhin war es schon wieder 2 Jahre her, dass wir dort waren. Und so warfen wir uns am Donnerstagabend in den Feierabendverkehr, standen 2 Stunden im Stau und schafften es weit nach Einbruch der Dunkelheit in den Nationalpark. Wir hatten uns den entlegenen Yosemite Creek Campingplatz ausgesucht, in der Hoffnung an diesem begehrten Wochenende noch einen Platz zu ergattern. Und wir hatten Glück. Aber vorher mussten wir noch 5 Meilen auf der weitgehend unbefestigten ehemaligen Minenstraße zurücklegen. Im Scheinwerferlicht manövrierte ich unseren Van von einem Schlagloch zum nächsten – in Schrittgeschwindigkeit. Nach über 6 Stunden waren wir endlich angekommen, suchten uns ein gemütliches Plätzchen aus und gingen schlafen.
Am nächsten Morgen genehmigten wir uns erstmal ein dickes Frühstück und beobachteten das Treiben der Neuankömmlinge. Wie Kalifornien war auch der Campingplatz international besetzt: Inder, Osteuropäer, Asiaten, Mexikaner – alle waren vertreten. Seltsamerweise bevorzugten die Mexikaner die Plätze direkt an den Toiletten. Vielleicht ist das mit vielen kleinen Kindern einfacher? Egal, den Yosemite Nationalpark erkundet man am besten, in dem man viel wandert. Wie praktisch, dass direkt von unserem Campingplatz ein Pfad zu den Upper Yosemite Falls abging. 12 Meilen, das klang viel, aber die Aussicht auf das Tal und eventuell ein Bad im Wasserfall waren verlockend. Außerdem rechneten wir nicht mit großen Anstiegen, da wir bereits nördlich des Tals auf einer ähnlichen Höhe waren. Also ging es mit leichtem Gepäck und der Kamera los. Wir kamen gut voran, fanden bald zum Yosemite Creek und wanderten dann entlang seines Ufers bis zum großen Wasserfall. Es war warm, aber nicht heiß und wir genossen die total Einsamkeit mitten in der Wildnis. Erstaunlicherweise fanden sich selbst am Wasserfall weniger Menschen wieder als gedacht. Wir hatten mit einem Ansturm von Touristen aus dem Tal gerechnet. Einmal mehr wieder bewahrheitete sich, dass die meisten Besucher des Yosemite lediglich die Straßen im Tal abfahren und es dabei belassen – wenn die wüssten, was ihnen entgeht! C und ich waren so gut drauf, dass wir noch die 1 Meile zum Yosemite Point hinauf kletterten und dann den atemberaubenden Blick auf den Half Dome und ins Yosemite Tal genießen konnten. Phantastisch! So etwas gibt es nicht noch einmal auf der Welt.
Auf dem Rückweg bekamen wir dann jedoch die Länge unseres Tagesausflugs zu spüren. Die Beine wurden müde und wir mussten jede Stunde anhalten, um uns auszuruhen. Nach 18 km waren wir platt, aber die Aussicht auf eine kalte Limo und etwas zu essen trieben uns weiter. Nach über 23 km und 7h Wanderung erreichten wir endlich unseren Campingplatz. Ich kann ohne Übertreibung sagen: So weit bin ich in meinem ganzen Leben noch nicht an einem Stück gelaufen. Egal, wieder etwas neues gemacht, wieder um eine Erfahrung reicher und wieder einmal sehr lebendig gefühlt. Nach einer dicken Portion Pasta sanken wir um 21 Uhr ins Bett und schliefen ganze 12h bis 9 Uhr morgens. Das ist Yosemite!
Mehr Besuch
Keine Sorge, wir leben noch! Während der letzten 4 Wochen hatten wir Besuch von meiner Cousine Susanna und ihrem Freund Lukas. Dabei ist das Schreiben etwas zu kurz gekommen. Susanna war die ersten 2 Wochen alleine hier und hat es vor allem ruhig angehen lassen – mit Ausnahme ihres knallharten Sportprogramms: jeden Tag mindestens 8km Joggen waren angesagt! Ansonsten hat sie die Tage abwechselnd in San Francisco oder bei uns zu Hause in Berkeley verbracht. Dabei hat sie noch Zeit gefunden, uns Nussecken und Zimtschnecken zu backen. Außerdem hat sie einen Abstecher nach Los Angeles gemacht und war dann mit einer Gruppenreise in Las Vegas, am Grand Canyon und im Zion Nationalpark. Richtig so! Wenn man schon in Kalifornien ist, muss man sich auch viel anschauen.
Zusammen haben die beiden dann noch einen Roadtrip zum Lake Tahoe und dem Yosemite Nationalpark gemacht. Letzterer wurde wieder einmal zum Highlight in Kalifornien ernannt. Daran konnte auch die Rückfahrt über den Highway 1 nichts mehr ändern. Obwohl, die Shoppingcenter in Gilroy haben es den beiden auch angetan – zumindest kamen sie mit massen von Tüten voller Klamotten zurück nach Berkeley. Zu Hause haben wir dann Lukas und Susanna noch zum Pflaumenpflücken eingeteilt. Über 20kg haben wir alleine am ersten Wochenende geerntet und es hingen immer noch eimerweise Pflaumen am Baum. Zusammen wurde dann Gelee eingekocht und ich habe einen Pflaumenlikör à la Oma angesetzt. Da werde ich mal ein Gläschen auf Dich trinken, meine Liebe!
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