VW kommt

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Nach Jahren der Tesla-Dominanz im Bereich Elektrofahrzeuge, kommt jetzt der erste konventionelle Platzhirsch in die Gänge. Seit einigen Wochen ist der VW id.4 in Kalifornien zu haben und unser Nachbar gegenüber hat gleich zugeschlagen. Wir haben das Auto noch vor seiner Frau zu sehen bekommen und unser erster Eindruck war sehr positiv.

Zuerst einmal sieht der id.4 in Natura deutlich schicker aus, als auf den Bildern, die ich bisher gesehen habe. Und er sieht aus wie ein Elektroauto, nicht wie ein umgebauter Benziner. Unser Nachbar behauptet die Fahrzeuge seien den Händlern quasi aus den Händen gerissen worden. Kein Wunder bei einem Preis unter $45k (bei $9k Förderung) und einer Reichweite von ca. 250 Meilen (400 km). Wie alle Elektroautos bietet der id.4 viele Platz und der SUV-Look kommt natürlich hier in den USA besonders gut an. Den id.3 gibt es hier gar nicht erst zu kaufen: zu klein und zu Golf-mäßig. Die Verarbeitung ist VW-typisch solide, allerdings sind uns die elektrischen Türgriffe aufgefallen, die einen pfiffigeren Eindruck machen, als beim Tesla Model 3 und Y.

Insgesamt ist der VW id.4 also ein gelungenes Elektrofahrzeug und man sieht ihn in der Tat immer öfter auch auf den Straßen Kaliforniens. Wir selber fahren ja seit 4 Jahren Tesla und sind nach wie vor begeistert, aber wir sind auch froh, dass die deutschen Autobauer endlich nachziehen—auch wenn natürlich bei der Software und Batterietechnik Tesla noch die Nase vorn hat. Dafür Punkten VW, Porsche, Audi, Mercedes und BMW eben mit der Strahlkraft ihrer Marken, die auch nach Jahren der Tesla-Dominanz in diesem Segment nichts von ihrer Wirkung verloren hat. Dass das funktioniert und auch neue Käufer dazu bewegt, sich endlich ein Elektrofahrzeug anzuschaffen, zeigt das Beispiel unseres Nachbarn. Und es wird auch Zeit: Elektroautos sind alltagstauglich. Viel Glück, id.4!

Top of the World

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Letztes Wochenende war aufgrund des amerikanischen Nationalfeiertages ein langes 3-Tagewochende. Wir haben es in den Bergen um den Sonora Pass verbracht. Um das Wochenende voll zu nutzen, sind wir bereits am Freitagabend losgefahren und haben dann in der Nähe des Ortes Sonora wild übernachtet. Es war heiß und unser Fan lief die ganze Nacht. Nach einem schnellen Frühstück mit Latte Macchiato in Twain Harte ging es dann in die Berge. Wir schlugen relativ früh unser Camp im Eureka Campground, in der Nähe von Dardanelles und direkt an einem wunderbaren Gebirgsbach, auf. Von dort wanderten wir zum Kennedy Meadows Relief Reservoir—7 Meilen, 3,5h und 370 Höhenmeter. Nach ein paar Regentropfen klarte es auf und wir erlebten eine wunderbare Wanderung durch die Granitlandschaft der High Sierra. Das Reservoir war gut gefüllt und das klare Wasser lud zum baden ein. Nachdem wir uns einen Weg durch das Dickicht hinunter zum Wasser gebahnt hatten, sprangen wir ins kühle Nass. Es war kalt, aber herrlich erfrischend. Zurück im Camp genossen wir den Abend ohne Handyempfang und Internet, kochten eine leckere Suppe mit Wursteinlage und gingen früh schlafen.

Am nächsten Morgen fassten wir schnell den Entschluss, den Campingplatz zu verlassen und unser Glück mit Wildcampen zu versuchen. Vorher stand aber noch eine Mountainbiketour zum Leavitt Lake an. Der Weg dorthin war kurz, nur knapp 2,8 Meilen, aber felsig und steil. Wir waren weit und breit die einzigen auf dem Rad. Immer wieder kamen uns in schwerem Gelände von Pickups entgegen. Die Höhe von fast 3000m war gnadenlos. Immer wieder mussten wir absteigen und verschnaufen. Als wir den See endlich erreichten, waren wir dann auch etwas stolz auf uns. Und plötzlich waren die Anderen neidisch, als wir mit unseren Bikes um den See fuhren, einen netten Strand fanden und dann in den See sprangen. Die Angler um uns herum sahen interessiert zu, was C zu dem Spruch, “Angler sind doch eh alles Spanner, oder?” verleitete.

Die Nacht verbrachten wir dann in 3000m Höhe direkt auf einem Bergkamm. Ohne Allradantrieb wären wir niemals dort hinauf gekommen, aber dafür haben wir ja unseren 4×4 Sprinter gekauft. Die Aussicht von unserem Plätzchen war atemberaubend. Auf der einen Seite konnten wir den Sonora Pass und auf der anderen Seite die Wüste Nevadas sehen. Der Wind pfiff bis die Sonne untergegangen war. Dann wurde es abrupt still. Wir genossen den Abend, tranken Bier und Wein und kochten dann eine Portion Nudeln. Außerdem standen Spatengänge an. Und ich kann Euch sagen, wenn man beim Schei*en außer Atem kommt, muss man ganz schön weit oben sein. Egal, das ist Abenteuer pur, und für solche Momente leben wir. Dieses Wochenende fühlte sich einfach nur an wie Urlaub. Wir waren mit unserem Sprinter unterwegs, gingen auf Wanderungen oder Mountainbiketouren und hatten die ganze Zeit Bombenwetter. Was kann es besseres geben?

Die Küche steht

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Hallo Freunde. Es ist über zwei Monate her, dass ich einen Blogeintrag geschrieben habe. Damals hatten wir gerade die erste COVID-Impfung bekommen. Mittlerweile sind wir vollständig geimpft und waren sogar schon wieder in Berlin. Es war schön, Freunde und Familie zu sehen, auch wenn natürlich die ganz großen Treffen immer noch nicht möglich waren. Außerdem hat uns Berlin mit zwei Wochen Sommerwetter verwöhnt. Wir haben gegrillt und geschwitzt, und trauern diesem Wetter etwas nach, seitdem wir wieder in Kalifornien sind. Na klar, hier scheint die Sonne auch, aber der Sommer ist halt auch die Zeit des Nebels. Und so harren wir bei grauem Himmel (morgens) und knapp 20°C aus und schielen neidisch nach Berlin.

Die Reisen nach Berlin sind natürlich nicht wirklich Urlaub—es gibt immer viel erledigen—aber wir haben es trotzdem genossen, mal wieder zwischen den Welten zu sein. Mittlerweile geht es mir in Deutschland allerdings so, dass Dinge, die früher selbstverständlich waren, mit immer öfter komisch vorkommen. 9 Jahre in den USA gehen halt nicht spurlos an einem vorbei. Damals habe ich angefangen, einen Blog über die Eigenarten der Amis zu schreiben, heute könnte ich das gleiche über die der Deutschen tun. Wenn man lange genug in Ausland, in einer anderen Kultur lebt, dann verändert sich unweigerlich die eigene Perspektive. Ich werde zwar niemals ein echter Amerikaner sein, aber ich bin eben auch nicht mehr 100% Deutsch. Die Welten haben angefangen sich zu vermischen, und das führt ab und an dazu, dass man nicht mehr so ganz genau weiß, wo man hingehört. Könnte ich noch in Berlin leben? Ja, da bin ich mir sicher. Aber könnte ich auch noch dort arbeiten? Da kommen mir schon gehörige Zweifel.

Noch plane ich allerdings nicht in Rente zu gehen und wir haben ja außerdem noch unser Sprinter-Projekt am Laufen. Letztes Jahr, während des Lockdowns, haben wir viel geschafft. Dieses Jahr möchten wir gerne eine Woche mit dem Sprinter unterwegs sein—am besten mit fließend Wasser. Der Grundstein ist gelegt: Heute haben wir die letzten großen Küchenelemente eingebaut, den Backofen (mit Stahlbefestigung an der Fahrzeugwand) und den Unterschrank für die Spüle—samt Mülleimerklappe mit Magnet-Drücker. Das war, ohne zu übertreiben, ein Meilenstein und ein großer Moment für uns. Aus unserem Cargo-Van ist eindeutig ein Wohnmobil geworden. Sicher, es ist noch lange nicht fertig (ein weiteres Jahr wird es schon noch dauern), aber mittlerweile kann jeder sehen, wie es einmal aussehen wird. Die Unterschränke waren zwar schon seit Wochen fast fertig, aber wir mussten noch die Elektrik und die Wasserleitungen fertig planen—und zum Teil vormontieren. Hoffentlich geht es jetzt in dem Tempo weiter: Arbeitsplatte und Spüle, Wasserhahn, Brauch- und Frischwassertranks, Wasserleitungen, Pumpe und Akkumulator—bis zum Spätsommer sollte das klappen. Bis zum Winter wollen wir dann auch den Gasanschluss fertig haben und dann die Heizung erstmalig in Betrieb nehmen. Das wäre dann noch so ein Meilenstein.

Nächste Woche fahren wir erstmal über das lange 4th of July Wochenende in die Berge. Mit der neuen Küche werden wir noch nicht viel anfangen können, aber wir freuen uns, ein paar Tage draußen zu sein—fernab von der Hektik der Bay Area und weit weg vom Küstennebel.

Wir sind geimpft

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Wir haben es geschafft: Wir sind geimpft. Seit heute dürfen alle Kalifornier ohne Einschränkungen gegen COVID-19 geimpft werden. Schon seit Wochen haben wir uns über Impfzentren und Terminvergabe informiert. Als dann letzte Woche die ersten freien Termine verfügbar wurden, haben wir gleich zugeschlagen.

Es wurde auch langsam Zeit, denn gefühlt waren wir die „Einzigen“, die noch nicht geimpft waren. Die USA impfen seit Monaten was das Zeug hält und Berkeley ist ganz vorne mit dabei. 50% der Menschen hier haben bereits eine Impfung bekommen. Auch viele unserer Freunde hatten entweder bereits eine übriggebliebene Dosis ergattert, oder bei der Terminvergabe einfach etwas geschwindelt. Seit einigen Wochen nämlich konnte man hier in Kalifornien bereits mit einer Vorerkrankung oder als Lehrerin, Feuerwehrmann, Kinderbetreuer, etc. geimpft werden. Überprüft wurden die Angaben nicht, weshalb es Viele offenbar nicht so genau mit der Wahrheit nahmen—obwohl die Falschaussage als Meineid mit mehreren Jahren Gefängnis bestraft werden konnte. Mir war das, als Führungskraft in einer börsennotierten Firma, zu heikel. Also warteten C und ich brav, bis wir an der Reihe waren und buchten dann unseren Termin. Die erste Überraschungen folgte sogleich: Ein seltsames Glücksgefühl stieg in mir empor, beinahe Euphorie. Eigentlich kein Wunder, nach einem Jahr Lockdown (Kalifornien macht erst jetzt wieder richtig auf) und Arbeit von zu Hause. Überrascht hat es mich dennoch.

Ist das der Anfang auf dem Weg zurück in die Normalität? Was ist eigentlich noch normal? Geht es zurück ins Büro? Fahre ich dann wieder mit der Bahn nach Oakland und San Francisco? Geht man wieder auf Konzerte und stürzt sich in Menschenmassen? Oder hat das Virus uns Alle nachhaltig verändert? Diese Fragen habe ich in den letzten Wochen verdrängt. Aber als wir den Impftermin in den Händen hielten, spielten sie sich ganz schnell in den Vordergrund. Plötzlich frage ich mich, ob ich überhaupt wieder ins Büro zurück will—jeden Tag auf jeden Fall nicht! Die Kaffeepausen und das gemeinsame Mittagessen mit C werden mir fehlen. Es ist irre, nach einem Jahr zu Hause solche Gedanken zu haben. Aber ein Jahr, das reicht eben schon um zur Normalität zu werden. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, wie wir arbeiten werden, was so wird wie früher und was nicht, aber ich freue mich auf den nächsten Schritt. Ein Jahr Lockdown, das reicht.

Und so machten wir uns heute Nachmittag gegen 15:45 Uhr auf den Weg nach Albany ins Impfzentrum. Dieses war, ganz amerikanisch, natürlich als Drive-In ausgelegt. Vorfahren, Termin mit QR-Code vorzeigen, Termin-ID laut vorlesen (wozu also der QR Code?), Personalausweis vorzeigen, weiter zum nächsten Checkpoint, warten, dann vorfahren zur Impfung. Dort warteten zwei junge Frauen auf uns, die sich zu unserer Freude nach etwas Überzeugungsarbeit auch dazu bereit erklärten, die Impfung in unseren deutschen Impfpässen einzutragen. Es dauert noch 5 Minuten, bis neue Spritzen mit dem BioNTech Impfstoff (hier allgemein als Pfizer vaccine bezeichnet) geliefert wurden, aber dann konnte es los gehen. Ärmel hoch, zack Spritze rein und das war es dann schon. Wir mussten noch 20 Minuten vor Ort warten, um sicherzugehen, dass es zu keinen anaphylaktischen Schocks kommen würde und dann war alles erledigt.

Und jetzt? Es sieht gut aus. Zwar steigen auch in den USA die Fälle wieder, aber die Inzidenz in Kalifornien ist—trotz des Öffnens—weiterhin niedrig. Es könnte uns also tatsächlich gelingen, die nächste Welle einfach weg zu impfen. Wir blicken optimistisch in die Zukunft! Noch ein Wort nach Deutschland, wo man noch nicht so weit ist: Ich weiß, das Hickhack um Astra Zeneca und die andauernden Kehrtwenden der Politik (wir verfolgen alles) sind frustrierend. Aber auch bei Euch nimmt die Impfkampagne an Fahrt auf. Gestern 700.000 Impfungen sind ein großer Schritt—in Kalifornien schaffen wir maximal 500.000 am Tag. Es hat schleppend angefangen, kann aber jetzt schnell gehen. Haltet durch!

Unbesiegbar

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

„Heute fühle ich mich unbesiegbar“, meinte C gestern zu mir, als wir im Tesla auf dem Weg an die Pazifikküste waren. „Nicht ganz so wie mit Anfang 20, aber irgendwie doch so ähnlich“.

Wir hatten eine gute Woche hinter uns und am Samstag einen weiteren Meilenstein unseres Sprinterausbaus erreicht: Die Bordwand mitsamt Instrumenten und Ausschnitt für ein großes Rolltor war installiert und blitzte uns in ihrem reinem weiß an. Dieser Anblick erfüllte mich mit Stolz, wobei ich nicht einmal genau sagen kann, warum. Sicher, die Bordwand war uns gut gelungen, und ja, wir hatten bereits einiges geschafft in den ersten 6 Wochen des neuen Jahres. Aber ich glaube es lag vor allem daran, dass dieser Schritt den Beginn eines neuen Bauabschnitts signalisierte—den Begin des Feinausbaus. Die Installation der Wasserschläuche und Gasanlage war nun in greifbare Nähre gerückt. Die Auslässe für die Truma-Heizungsschläuche waren ebenfalls schon an der Bordwand vorbereitet. Unser nächstes großes Ziel, bis zum Sommer fließendes, warmes Wasser mitsamt Herd und Gasanlage im Sprinter zu haben, erschien an diesem Samstagabend plötzlich realistisch. Und was war ein tolles Gefühl.

Also gönnten wir uns am Sonntag einen Ruhetag und beschlossen bei herrlichem Frühlingswetter einen Ausflug ans Meer zu machen. Wir stiegen in den Tesla und fuhren nach Tiburon, genauer gesagt nach Paradise Cay, wo wir uns ein zum Verkauf stehendes Haus (nur zum Spaß) und die noble Gegend ansahen. Das Besondere an Paradise Cay ist, dass viele Häuser direkt am Wasser liegen und über Privatstege verfügen. Und ich kann Euch sagen, an einigen dieser Stege lagen richtig große Segelbote. Dafür waren die Gärten der Anwesen hier relativ klein, aber wie C bemerkte: „Wer braucht schon einen Garten wenn man die Segelyacht direkt am Haus liegen hat?“

Nach einem Kaffeestopp ging es weiter nach Muir Beach, wo unser Tesla uns vorbei an den Massen, die sich um die Parkplätze rangelten und auf einen Hügel hinauf navigierte, wo dann eine Treppe hinunter an den Strand führte. Nach 15 Minuten Spaziergang waren wir am Pazifik angekommen, hielten die Füße ins Wasser und saßen in der Nachmittagssonne. Der Pazifik war, wie immer, eiskalt. Kaum zu glauben, aber mehrere Menschen stürzten sich, nur mit Badeklamotten bekleidet, in die Fluten. Ansonsten wurden die Masken- und Abstandspflicht ziemlich gut eingehalten.

Auf dem Heimweg kurvten wir dann mit dem Tesla den Highway 1 nach Mill Valley hoch und waren glücklich. Diese Tag fühlte sich tatsächlich an wie Urlaub. Auch wenn wir in Kalifornien wohnen, ist es allzu leicht im Alltag zu versinken—vor allem in den Zeiten der Corona-Pandemie. Aber dieser Ausflug ans Meer hat mich wieder einmal daran erinnert, warum wir eigentlich hierher gezogen sind. Die Schönheit Kaliforniens ist immer noch da. Man muss sich nur die Zeit dafür nehmen. Und warum fühlten wir uns heute unbesiegbar? Es läuft einfach. Wir sind gesund, wir sind erfolgreich und wir schaffen, was wir uns vornehmen—egal, was wir uns vornehmen. Was will man mehr?

 

2021 macht Tempo

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Heute ist der 14. Februar—Valentingstag. Das Jahr vergeht in einem Tempo, bei dem einem Angst und Bange werden kann. Die Wahl im Dezember, Weihnachten in Berlin auf dem Höhepunkt der Corona-Krise, der Sturm auf das Capitol in Washington DC am 6. Januar und der Amtsantritt Joe Bidens am 20. Januar sind bereits verschwommene Erinnerungen. Im Moment passiert so viel bei uns und auf der ganzen Welt, dass wir kaum dranbleiben können.

Zuerst einmal muss ich feststellen: Es geht uns gut. Während ich diese Zeilen schreibe, rackert sich C im Gästezimmer vor unserem Tempo ab. Wir haben uns kurz nach der Wahl tatsächlich ein Fitness-Gerät für zu Hause gegönnt und nutzen es 3-4 Tage die Woche. Das Tempo ist super. Ein riesiger Bildschirm lässt Personal-Training-Feeling aufkommen. Die Kurse im Zusammenhang mit Kurz- und Langhanteln mit Gewichten bringen einen schnell zum Schwitzen und lassen die Muckis wachsen. Wir sind zwar keine 25 mehr, haben aber seit November schon bestimmt 2kg Muskelmasse zugelegt.

Auch sonst haben wir das Beste aus der Corona-Krise gemacht. Wir schneiden uns seit fast einem Jahr gegenseitig die Haare—und reden immer noch miteinander. Wir haben die Zeit zu Hause genutzt, um richtig gute Fortschritte an unserem Sprinter-Ausbau zu machen. Wir sind Anfang Dezember mit dem Tesla nach Palm Springs gefahren und haben eine ganze Woche dort in einem Haus mit Pool verbracht. Morgens gab es frische Grapefruit vom Baum, nachmittags Kaffee am Pool. Für die Hin- und Rückfahrt brauchten wir 7h, inklusive dreier Ladestopps. Dafür hat uns die Fahrt keinen Cent gekostet. Während die meisten Menschen letztes Jahr auf Fernreisen verzichten mussten, habe ich das erste Mal Goldstatus bei United eingeflogen. Wir waren drei Mal in Berlin—aus traurigen Gründen, aber auch, um den Spätsommer beinahe ohne Corona-Beschränkungen und bei guter Luft zu genießen. Die Waldbrände in Kalifornien waren letztes Jahr so schlimm, dass wir uns erstmals gefragt haben, ob Menschen hier auf lange Sicht werden leben können. Uns zieht es aber noch nicht weg, obwohl wir jetzt seit fast 9 Jahren Wahlamerikaner sind.

Und wie lebt es sich in Kalifornien, jetzt wo Joe Biden Präsident ist? Vor allem lebt es sich unaufgeregter. Mehr denn je wird einem klar, wie sehr Trump die Medienwelt bestimmt hat—berichtet wurde ja fast ausschließlich darüber, was er wieder gesagt oder getan hatte. Das ist jetzt anders. Die Late-Night-Sendungen widmen sich wieder anderen Themen, die Regierung ist plötzlich wieder kompetent, irre Executive-Orders wurden schnell widerrufen. Ist jetzt wieder alles paletti in Amerika? Sicherlich nicht. Die Gräben zwischen Trump-Fans und allen Anderen sind tief wie immer. Es wird noch Jahre dauern, bis es zur Versöhnung kommen kann. Und dennoch, es lebt sich wieder leichter in den USA.

Und während in Deutschland sie Corona-Impfungen nicht in Fahrt kommen, haben bei uns in Alameda County bereits 15% der Menschen mindestens eine Dosis bekommen. Ca. 200.000 Impfungen werden täglich alleine in Kalifornien verabreicht. Natürlich wird es auch hier noch dauern, bis jeder ein Impfangebot bekommt—derzeit können medizinisches Personal, über 65-jährige und systemrelevante Personen immerhin relativ einfach an Termine kommen. Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Sommer ebenfalls geimpft werden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, aber wenn das Jahr weiterhin so schnell vergeht, wird es gefühlt nicht mehr lange dauern.

Es ist vollbracht

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Er ist weg. Und wir sind wieder allein, allein.

Wir warten…

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Es is knapper als gedacht, mit der höchsten Wahlbeteiligung seit hundert Jahren, und noch ist nichts gewonnen. Es ist aber letzte Nacht viel verloren gegangen: Der glaube daran, dass die Menschen selbst bestimmt sind und sich eine Meinung bilden wollen.

Eine Politikwissenschaftlerin hat es treffend auf Twitter formuliert: Es zählt vor allem Parteizugehörigkeit. Die Menschen sind dumm und nehmen sich nicht die Zeit, die Lügen der Politiker zu hinterfragen. Schließlich handelt es sich bei diesen Lügen um genau das, was diese Menschen hören wollen. Und Die Demokraten… versuchen diesen “Walmart-Kunden” komplizierte Sachverhalte mit komplizierter Ansprache zu erklären. Das ist ihr Dilemma.

Die Welt is kompliziert genug. Die Menschen sind denkfaul und wollen einfache Lösungen für komplexe Probleme. Da kommen ihnen Populisten wie Trump gerade recht.

Wir werden sehen, wie die Wahl ausgeht. Aber diese Problematik wird bleiben. Die westliche Demokratie steckt in einer tiefen Krise, gerade jetzt, in Zeiten, wo wir dringend handeln müssten: Stichwort Klimakrise.

Tag der Entscheidung

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Jetzt ist er also da, der 3. November 2020. Heute wird gewählt in den längst nicht mehr so Vereinigten Staaten von Amerika. Eigentlich sollte es heute eine klare Sache sein. Biden führt landesweit laut Umfragen mit 8%. Das sind bessere Umfragwerte als Bill Clinton vor seinem ersten Wahlsieg hatte. Zudem findet die Mehrheit der, dass das Land sich in die falsche Richtung entwickelt. Die COVID-Pandemie ist wieder auf einem Höhepunkt angekommen, die Wirtschaft schwächelt und die Menschen sind erschöpft—erschöpft von 4 Jahren Dauerdrama um die Trump-Regierung. Fast 100 Millionen Amerikaner haben bereits per Briefwahl abgestimmt, es zeichnet sich eine deutlich höhere Wahlbeteiligung ab, als vor 4 Jahren.

Und doch bleibt die Unsicherheit—der Kater—aus dem Jahre 2016. Damals sah eben auch alles nach einem klaren Sieg von Hillary Clinton aus. Dann kam alles ganz anders. Immerhin beobachte ich aus der Ferne, dass auch die deutschen Medien dieses Mal deutlich differenzierter über die Wahl und die Umfragen berichten. Heute schreibt niemand mehr, Trump könne nicht gewinnen. Vor vier Jahren sah das anders aus. Fakt ist, Trump kann diese Wahl eben tatsächlich gewinnen, obwohl das einen deutlich größeren Fehler bei den Umfragen also vor vier Jahren bedürfte. Dass er die Mehrheit an Stimmen für sich vereinen könnte, glaubt niemand im Ernst. Aber um Präsident zu bleiben muss er eben „nur“ die Wahlmänner in den wichtigen Swing-States ergattern, sei es auch nur um Zehntelprozentpunkte.

Es gibt im Wesentlichen zwei Szenarios. Entweder Bidens Umfragewerte sind mehr oder weniger korrekt und er gewinnt relativ klar, möglicherweise sogar eigentlich tief republikanische Staaten wie Texas oder North Carolina, oder Trump erlebt am Wahltag tatsächlich die Welle weißer Wähler mit geringer Bildung, die ihn entgegen aller Erwartungen noch an Biden vorbei schiebt. Dafür müsste Trump aber alle Swing-States gewinnen—ausnahmslos. Außerdem gibt es Indizien dafür, dass die Independents—also die Wähler die sich weder mit den Republikanern, noch den Demokraten assoziieren—im letzten Moment zu Biden bewegen. Männen mit College-Abschluss und die weißen Frauen in den Vorstädten haben Trump schon vor Monaten die Gefolgschaft gekündigt. Dass überhaupt Staaten wie Texas, Arizona, Georgia und North Carolina für Biden erreichbar sind, spricht dafür, dass er der klare Favorit auf den Wahlsieg ist. Und dennoch bleibt die Unsicherheit: Was ist, wenn die Umfragen falsch sind, wenn die Trump-Unterstützer am Telefon lügen, um uns alle zu verwirren? Wir werden heute Abend gegen 19 Uhr Eastern Time mehr wissen, wenn North Carolina und Florida erste Ergebnisse veröffentlichen. Verliert Biden diese Staaten, sinken seine Chancen Präsident zu werden auf 50/50. Gewinnt er, ist die Sache schneller klar, als gedacht.

Wechselwähler und unentschlossene Wählen gibt es kaum noch in diesen Zeiten der Polarisierung. Die Amerikaner haben sich ihre Meinung über Trump gebildet. Jetzt gilt es nur noch darum, diese Meinung an die Wahlurnen zu bringen. Auch für uns, als nicht wahlberechtigte Deutsche, steht heute einiges auf dem Spiel. Wir sind ausgebrannt nach vier Jahren Trump. Unsere Wahlheimat hat sich unter ihm definitiv nicht zum Besseren entwickelt. Nochmal vier Jahre, das können wir uns nicht vorstellen.

Apokalypse Now

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Liebe Freunde und Familie, eigentlich gibt es einiges zu berichten, z.B. von unserem Urlaub letzte Woche, der heißen Phase des Wahlkampfs, oder unserem Abstecher nach San Luis Obispo und Santa Barbara vor ein paar Wochen. Aber vor allem bewegen uns derzeit die Waldbrände in Kalifornien.

Heute Morgen 9 Uhr: Es ist zappenduster. Über der Bay Area liegt ein Rauchteppich, der die Sonne verdunkelt und sie daran hindert, den Tag zu erhellen. In 8 Jahren Kalifornien haben wir so etwas noch nicht erlebt. Es ist fast wie während einer Sonnenfinsternis, beinahe wie an einem Wintertag in Deutschland, an dem es nicht hell werden will. Die Dunkelheit ist beklemmend. Die Tiere spielen verrückt, und auch wir kommen kaum in die Gänge. Nachmittags wird es etwas heller, aber der Tag bleibt dunkel. Schuld sind die zahlreichen Waldbrände, die Kalifornien seit Wochen heimsuchen. Menschliche Nachlässigkeit und ein trockenes Gewitter—eine Seltenheit in der Bay Area—haben sie verursacht.

Und auch die nächsten Tage soll es nicht besser werden. Starke Winde haben die Asche aufgewirbelt und sie in hohe Luftschichten transportiert. Jetzt bleibt nur warten, bis die Schwerkraft die Aschepartikel gen Boden zieht. Mit etwas Glück nehmen die Winde zu und bringen uns frische Meeresluft. Nach einigen Tagen Hitzewelle und Windstille währe das eine Erleichterung für uns alle hier. Wir waren letzte Woche in Oregon unterwegs und haben den Großteil des Dramas zu Hause verpasst. Aber während wir Rauch und Feuer größtenteils umfahren konnten, blieb uns am Montag nichts anderes übrig, als stundenlang durch die graue Suppe zu fahren—von Mt. Shasta bis nach Hause. Irgendwie hatte ich erwartet, dass uns wie üblich an der Küste blauer Himmel und frische Luft erwarten würden. Stattdessen liegt alles in einem dichten Nebel, die Golden Gate Bridge genauso wie Berkeley.

Das Alles ist natürlich ungemein frustrierend. Nicht nur, weil wir nach 6 Monaten Pandemie jetzt bei mieser Luft und Rauch zu Hause sitzen und das Haus kaum verlassen können, sondern auch weil unser geliebtes Kalifornien brennt. Glaubt mir, es tut in der Seele weh, zu sehen, wie dieser Bundesstaat unter der Trockenheit leidet. Wer nicht an den Klimawandel glaubt, sagte unser Gouverneur beim demokratischen Kongress, der solle nach Kalifornien kommen. Es sind die schwersten Brände aller Zeiten, die uns gerade heimsuchen. Dabei hat die Waldbrandzeit eigentlich noch gar nicht begonnen. Wer wird hier auf absehbare noch Zeit leben können? Auf unserer Heimfahrt haben wir abgebrannte Häuser bei Vacaville gesehen—und noch wesentlich mehr „for sale“ Schilder. Wir leiden mit, und sind deprimiert.

Unser altes Leben existiert schon seit Monaten nicht mehr. Wir können nicht verreisen, nicht zur Arbeit gehen und unsere Freunde nicht sehen. Jetzt kommen noch die Waldbrände dazu. Bleibt nur zu hoffen, dass 2020 damit sein vernichtendes Potential erschöpft hat. Uns zieht es in einer Woche erstmal nach Berlin—eigentlich, um Familienangelegenheiten zu erledigen, aber womöglich auch, um etwas Normalität zu erleben. Kalifornien, wir weinen um Dich. Berlin, wir freuen uns auch Dich!