Tempo

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In den letzten drei Wochen ist es bei uns richtig rund gegangen. Wir haben Solar aufs Dach bekommen, mit allen dazugehörigen Handwerker-Dramen, waren drei Tage im Yosemite Backpacken, im Zelt in der Wildnis, und waren zu einer Stippvisite in Berlin, um nach fünf Jahren erstmals wieder unsere Wohnung zu betreten.

Unsere Solaranlage ist jetzt fertig, produziert aber immer noch keinen Strom. Sie ist zwar abgenommen, aber wir warten immer noch auf die Betriebserlaubnis. Tesla und Solar, das war unsere Schnapsidee, als die US Regierung sich vom pariser Klimaschutzabkommen verabschiedet hat. Den Tesla haben wir jetzt seit ca. 3 Monaten, aber die Solaranlage hat uns mal wieder alles an Nerven abverlangt. Wenn es denn nur die Kollektoren auf dem Dach gewesen wären! Aber nein, außerdem musste der Hauptsicherungskasten ersetzt, der Stromanschluss verlegt – denkt dran, hier wird immer noch alles mit Oberleitungen gemacht – und danach das Haus wieder zusammen geflickt werden. Als der armenischstämmige Elektriker plötzlich anfing auf Deutsch zu zählen und es sich herausstelle, dass er lange bei Siemens beschäftigt war, ging ich eigentlich davon aus, dass er ordentlich arbeiten würde. Aber unter Zeitdruck wurde dann geschlampt was das Zeug hielt. Am Ende das Tages klaffte ein Loch in der rechten Seite des Hauses. Da blieb uns nichts anderes übrig, als unseren treuen Handwerker Carlos zu bitten, alles wieder schön zu machen. Wie schön, wenn man solche Leute kennt!

Kein Vergleich zu unserem langen Wochenende im Yosemite. Wir wanderten den Glen Aulin Trail von Tuolumne Meadows bis zu den Waterwheel Falls und übernachteten wild, im Zelt. Alles was wir zum Leben brauchten, trugen wir in unseren Rucksäcken: Zelt, Isomatten, Schlafsäcke, Klamotten, Essen, Wasser – alles. Wir filterten Flusswasser, kochten abends unsere von C aus getrockneten (und daher leichten) Nahrungsmitteln zusammengestellten Mahlzeiten und genossen die Abgeschiedenheit in den Bergen. Aber wir mussten kaum Kompromisse eingehen. Am ersten Morgen gab es sogar Pfannkuchen zum Frühstück! Die Natur im Yosemite ist einfach phantastisch – immer wieder. Und irgendwie hat es einfach etwas, sein gesamtes Hab und Gut im Rucksack zu tragen. Das Backpacker-Leben ist unkompliziert: Wandern, Wasser filtern, kochen, ab und zu ein Spatengang, schlafen. Und nachts schaut man statt Fernsehen eben in die Sterne, wo die Milchstraße mangels Umgebungslicht klar zu erkennen ist. Diese drei Tage waren eine willkommene Abwechslung zur Hektik in der Bay Area und sie haben uns richtig Kraft gegeben.

Kraft, die wir in Berlin gebraucht haben. Entgegen allen Erwartungen war unsere Wohnung leider in keinem guten Zustand. Sicher, nach fünf Jahren Vermietung muss man mit Abnutzungserscheinungen rechnen. Aber die Wohnung war verdreckt und verwohnt, die Couch eingesaut, die Bäder total verkalkt – und von den Toiletten will ich gar nicht reden. Dabei hatte unsere ehemalige Putzfrau bereits 21 Stunden in der Wohnung verbracht und den richtig üblen Dreck entfernt – zum Beispiel die Maden im Geschirrspüler. Also haben wir eine Woche lang 4-5h täglich geputzt, um die Wohnung wieder bewohnbar zu machen. Manchmal muss man einfach durch solche Situationen durch, aber Urlaub war diese Woche definitiv nicht (zumindest nicht im klassischen Sinne). Und wie hat es sich angefühlt, nach fünf Jahren wieder in unserer Wohnung zu wohnen? Einerseits war alles sofort vertraut, hat sich angefühlt wie zu Hause. Ich bin mir sicher, auch deshalb hat der Putzfimmel mich so übermannt. Andererseits war die emotionale Bindung an die Wohnung und die Wohngegend nicht mehr so stark wie ich gedacht hätte. Rational betrachtet ist die Gegend um die Kantstraße ist immer noch ranzig – es gibt eher mehr Shisha-Kneipen und Zockerbuden als früher. Es gibt schönere Ecken in Charlottenburg. Letztendlich ist Berlin eben mehr als diese Wohnung und unser Zuhause ist derzeit eben Berkeley.