Gestern Abend ist C in Shenzhen angekommen. Ich bin natürlich nicht dabei, möchte Euch aber auch ihre Erlebnisse nicht vorenthalten. Daher tue ich mein Bestes, um ihre Schilderungen standesgemäß wiederzugeben. Shenzen liegt nördlich von Hong Kong, ca. 1:40h per Zug entfernt. Vom Zug an sich war C nicht besonders angetan („nichts besonderes“), die Bahnhöfe glichen eher Flüghäfen—mit Sicherheitskontrolle und allem. In Shenzhen wurden C und ihr Kollege Kendall von Geschäftspartnern empfangen, per Auto ins Hotel gebracht und danach zum Abendessen ausgeführt. Dabei fielen C so einige Sachen auf.
Erstens erinnerte sie der Fahrstil des chinesischen Fahrers sehr an dessen ihres ehemaligen chinesischen Chefs bei Siemens in Berkeley—beide stellen ein Sicherheitsrisiko für andere Autofahrer da. Zweitens konnten die Chinesen es nicht fassen, dass Kendall, Sohn chinesischer Auswanderer nach Amerika, kein Wort chinesisch spricht. Er kennt nicht mal seinen chinesischen Vornamen—die meisten Chinesen haben sowohl chinesische, als auch westliche Vornamen, die sie sich im Englischunterricht aussuchen und gegebenenfalls öfter wechseln—und bringt auch nur ein paar Schriftzeichen zustande. Die Behörden in Hong Kong fragten ebenfalls danach, ließen ihn aber dennoch einreisen. Drittens zerschlug sich der Plan, ein traditionelles lokales Restaurant aufzusuchen, als sich herausstellte, dass Kendalls Eltern aus Hong Kong (also von nebenan) stammen. „Die von dort vertragen einfach kein scharfes Essen.“ Punkt. Also gab es leichtere, aber ebenfalls leckere Kost in der örtlichen Mall (ich muss es einfach unübersetzt lassen, damit klar ist, dass es sich um ein Einkaufszentrum nach amerikanischem Vorbild handelt). Ich habe bisher wenige Fotos von diesen Malls gesehen, aber schon in Hong Kong war C klar, dass sich hier ein Großteil des örtlichen Lebens abspielt. Selbst pikfeine Restaurants findet man dort. In Shenzhen wurde allerdings in einem großen Speisesaal gegessen. Schräg aber China ist eben China.
Das Highlight des Tages kann ich Euch aber auch nicht vorenthalten. In der Mall gab es offenbar auch ein Kinderbecken, durch Glas von den Einkaufshallen abgetrennt, in dem ein Kleinkind unter Aufsicht der Eltern badete. Das Kind trug einen Rettungsring, allerdings um den Hals. Und so saß es im Becken, der Kopf vom Rettungsgring über Wasser gehalten. Was in Deutschland zu Stürmen der Entrüstunsg oder zumindest Erheiterung führen würde, ist in China offenbar total normal.
Zum Abschluss noch eines: C fielen sofort die Überwachungskameras auf, die an jeder Straßenecke in Shenzhen montiert sind. Damit wird das Volk überwacht, per Gesichtserkennung können einzelne Bürger in minutenschnelle lokalisiert werden. Mittlerweile gibt es auch ein Punktesystem, mit dem brave Bürger für ordentliches Verhalten, z.B. nur bei grün die Straße überqueren, oder älteren Herrschaften dabei helfen, belohnt, oder für Fehlverhalten bestraft werden. Das System ist vollautomatisiert. Wer zu viele Strafen kassiert hat, darf dann nicht mehr Reisen oder bekommt anderweitig Nachteile. Wollen wir mal hoffen, dass C nicht mitspielen muss.
Eindrücke aus Hong Kong. Man beachte die „deutsche“ Speisekarte: