In der Hoehle des Loewen

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Was in Deutschland die Schufa ist, sind in den USA die drei großen Unternehmen zur Bestimmung der Kreditwürdigkeit: Experian, TransUnion und Equifax. Während allerdings in Deutschland die Unschuldsvermutung gilt – wer keinen negativen Schufa-Eintrag hat, bekommt bei entsprechendem Gehalt einen Kredit – gilt in den USA das Gegenteil. Wenn es keine Daten, keine Einträge gibt, dann gilt man als illiquide. Mit anderen Worten: man muss Schulden machen, um beweisen zu können, dass man diese auch wieder zurückzahlen kann. Die treuen Leser unter Euch werden sich noch an unsere Anfänge in den USA erinnern.

Dummerweise wurde Equifax vor ein paar Monaten gehackt. Über 140 Millionen Personendaten, Adressen, Telefonnummern, Geburtsdaten und vor allem Sozialversicherungsnummern wurden gestohlen – ein Skandal. Equifax versuchte ein paar Wochen sich zu winden, gab dann den Datendiebstahl zu, nur um alles herunterzuspielen. Equifax verdient Geld damit, die Daten von Privatpersonen zu versilbern, vorrangig indem gegen Gebühr Auskunft über die Kreditwürdigkeit erteilt wird. Und so landet dann auch bei uns jede Woche Werbung für neue Kreditkarten und Bankkredite im Briefkasten. Ich bin also das Produkt, nicht der Kunde. Es kommt aber noch härter: Mit den gestohlenen Informationen kann jetzt jeder, dem meine Daten in die Hände fallen, in meinem Namen neue Kredite aufnehmen, sogar meine Sozialversicherungskassen plündern. In den USA gibt es ja kein zentrales Melderegister, das Identitäten verwaltet. Und so ist eben alles in privater Hand und jetzt den Kriminellen schutzlos ausgeliefert. Entsprechend angefressen sind jetzt die Verbraucher.

Was ich bis zu diesem Datengau nicht wusste: Es gibt tatsächlich eine Lösung. Man kann einfach die Kreditauskunft sperren lassen. Und genau dazu raten jetzt alle Experten in den USA. Meine Daten sind natürlich weiterhin in falscher Hand, aber immerhin lassen sich dann keine Kredite mehr aufnehmen. Das schmeckt natürlich den drei großen Firmen gar nicht, denn sie verlieren damit die Möglichkeit mit meinen Daten Geld zu verdienen. Das ist natürlich noch ein Grund mehr, dem einen Riegel vorzuschieben. So ganz einfach ist das allerdings nicht. Man kann die Sperrung online beantragen, was bei TransUnion und Experian auch (nach mehrmaligen Versuchen ganz gut gekappt hat – gegen eine Gebühr von $10), aber gerade Equifax verweigerte online und per Telefon die Sperrung. Was nun?

“Rate mal wo das Hauptquartier von Equifax ist”, fragte C mich letztes Wochenende. “Es ist in Atlanta. Da bist Du doch nächste Woche”. Und so war die Schnapsidee geboren, dass ich dort vorbeischauen würde, um meine Sperrung zu veranlassen. Tatsächlich war Equifax nur 10 Minuten von meinem Hotel entfernt. Am Donnerstagmorgen war es dann soweit. Ich warte um 5 vor 9 Uhr vor der Tür. Der Pförtner machte mir auf: “Guten Morgen, was kann ich für Sie tun?”. Jetzt alles oder nichts: “Guten Morgen, ich bin Kunde von Equifax und versuche seit Tagen meine Kreditauskunft zu sperren. Weder online, noch am Telefon ging etwas. Also bin ich aus San Francisco hierher gekommen, um die Sache abzuhaken”. Betretene Stille. Der Pförtner konnte offenbar nicht glauben, was ich ihm gesagt habe: “Wie bitte?”. Ich: “Es stimmt, ich komme aus San Francisco, bitte schicken Sie mich nicht weg. Kann mir denn hier niemand helfen?”. Also bat der Herr mich hinein, ließ mich 10 Minuten warten und führte mich dann zu einem kleinen Kabuff neben dem Gebäude, wo tatsächlich Verbraucher bedient wurden. Eine nette Dame machte dann alles klar. Zweimal Sperrung für C und mich. Manchmal können die Dinge so einfach sein.

Im Büro wollte man meine Geschichte erst nicht glauben, dann brach schallendes Gelächter aus. Nur die Arschlöcher, die meine Daten klauten, haben jetzt nichts mehr zu lachen.