Es war soweit, unser Wanderabenteuer ins Hochgebirge des Yosemite Nationalparks konnte beginnen. Vor einer Stunde hatte C noch im Swiss Flugzeug von Zürich nach San Francisco gesessen, jetzt waren wir unterwegs in die High Sierra. Nach 4,5h Fahrt erreichten wir den Nationalpark und hörten alle Campingplätze seien belegt. Ungläubig fuhren wir in Richtung Tuolumne Meadows, hielten am White Wolf (voll) und Porcupine Flat (ebenfalls voll), bis uns klar war: wir bekommen keinen Campingplatz mehr für diese Nacht. Was nun? C, die sich trotz Jetlag bisher wacker geschlagen hatte, schlug vor, zu dem abgelegenen Parkplatz am May Lake zu fahren, um dort im Auto die Nacht zu verbringen. Angekommen fanden wir haufenweise verlassene Fahrzeuge von Wanderern vor und stellten uns einfach daneben. Allerdings hatten wir noch Hunger und packten daher Tisch und Stühle, sowie Campingkocher aus und machten uns ans Werk – doppelt illegal natürlich, denn Wildcampen und offene Feuer waren strikt verboten. Die Nudeln waren fast fertig, da strahlten Scheinwerfer in unsere Richtung. Ich dachte nur: das wars, jetzt sind wir dran. Aber statt Park-Rangern handelte es sich um ein paar Jungs, die wie wir nach einem Schlafplatz suchten. Das Essen war lecker, die Nacht ruhig und sternenreich.
Am nächsten Morgen allerdings wurden wir von einem Sattelschlepper geweckt, der Verpflegung für das Camp am May Lake mitbrachte. Die Mulis standen schon zum Beladen bereit. Nur so kommen die Lebensmittel in die Berge. Wir nahmen reißaus, fuhren ein paar Meilen zum Tenaya Lake und frühstückten erst einmal richtig. Der letzte richtige Kaffee und selbstgebackenes Brot, bevor es für drei Nächte in die High Sierra Camps gehen würde. Wir hatten vor, jeden Tag ca. 10 Meilen (16km) zu wandern, 40 Meilen (65km) insgesamt – Abenteuer pur. Nur die allerwenigsten Besucher des Yosemite stoßen jemals in diese entlegene Bergregion vor, die man nur zu Fuß erkunden kann. Wir waren gut vorbereitet: Unsere Rucksäcke wogen mit Wasser und Klamotten jeweils gut 10kg, wir hatten unsere treuen Wanderstiefel dabei und neue Spezialsocken gekauft. Dennoch rechneten wir mit Blasen und Muskelkater. Abendessen, Wasser und Tagesverpflegung würden wir in den Camps bekommen. Das sparte ein paar kg Gewicht.
Das Auto parkten wir in der Nähe der Tuolumne Meadows Lodge. Mit dem Bus ging es dann zum Cathedral Lakes Wanderweg. Und dort standen wir nun, mit unseren Rucksäcken und Wanderstöcken aus Carbon, bereit unser Abenteuer anzugehen. Die erste Etappe zum Sunrise Camp führte uns über den John Muir Trail, benannt nach dem legendären Naturschützer und Urvater der Nationalparks, der seinerzeit über den Yosemite Nationalpark sagte: “It is by far the grandest of all the special temples of Nature I was ever permitted to enter.” Er sollte recht behalten. Wir wanderten durch Wälder, vorbei an Granitbergen mit herrlicher Aussicht, machten halt an den Cathedral Lakes, wundervollen Bergseen, und kamen nach 5h entlang einer Lichtung gesäumt mit Wildblumen am Sunrise Camp an. Wir waren müde, aber nicht erschöpft, bezogen unser Zelt und genossen erstmal eine heisse Dusche. Diesen Luxus hatte John Muir sicher nicht. Zum Abendessen gab es Schweinefleisch mit Kartoffelbrei, bevor ein höllischer Kopfschmerz meinem gemütlichen Abend ein Ende setzte. Kein Wunder, wir waren auf 9.400 Fuß (2.900m) Höhe – und das war erst der Anfang.