Zurück in die Zukunft

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In Kalifornien zu leben hat auch Vorteile, die nichts mit dem Wetter zu tun haben. Heute um 13 Uhr ist es endlich soweit: C und ich fahren das Tesla Model S, eine kompromisslose, rein elektrische, viertürige Rakete, zur Probe.

Das Tesla Autohaus in Menlo Park macht erstmal einen eher dezenten Eindruck. Wenig Schnickschnack, ein paar Farbtafeln, T-Shirts und natürlich eine Handvoll Model S Fahrzeuge sind ausgestellt. Wir fahren mit unserem weißen Van vor und waren vorher extra noch einmal in der Waschanlage, um den Schaden des ersten Eindrucks in Grenzen zu halten. Nicht nötig, denn niemand beachtet uns oder unser Fahrzeug, als wir auf dem Hof parken und aussteigen. Wir werden freundlich begrüßt und um unsere Führerscheine gebeten. C’s internationaler sorgt erstmal für Verwirrung, so dass ich etwas nachdrücklicher drängeln muss. Zur Probefahrt da sein und nicht fahren dürfen? Undenkbar.

Dann aber geht es aber zur Sache. Ich darf zuerst Platz nehmen in unserem perlweißen Testfahrzeug. Gleich geht es anders zu als gewohnt: Die Türgriffe des Model S sind nicht nur verchromt, sondern auch in der Tür versenkt, bis man mit dem Schlüssel in Reichweite kommt. Dann fahren sie sich blitzschnell aus und man kann die Türen öffnen. Ich bin beeindruckt. Schon. 316 KW (416 PS) leistet der Motor des Topmodells Performance, das ich gleich bewegen werde. Wahnsinn, aber der Wagen wiegt auch stolze 2,1 Tonnen, vor allem wegen der Batterien im Unterboden. Anlassen nicht nötig, einfach Fuß auf die Bremse, den Rückwärtsgang einlegen und los geht es. Absolut lautlos bewegt der Wagen sich rückwärts, die Rückwärtskamera bewahrt auch asiatische Expertenfahrer vor dummen Unfällen.

Mein erstes elektrisches Fahrerlebnis ist schlichtweg sensationell. Die Kraftentfaltung, mit der es im Model S zur Sache geht ist mit nichts zu vergleichen, das ich jemals erlebt habe. Fuß aufs Gas und es geht ab, ohne Gangwechsel und ohne jegliche Verzögerung. Der Elektromotor liefert bei jeder Drehzahl volles Drehmoment. Schon klar, mir war das auch bewusst, aber spüren muss man es, um es zu verstehen. Selbst abheben im Verkehrsflugzeug kommt da nicht mit. Auf 100 Meilen pro Stunde beschleunige ich völlig illegal den Wagen auf dem kurzen Stück Highway 280. C lässt es danach an einem Stopschild krachen. Kein Auto im Weg? Na dann mal Pedal aufs Bodenblech drücken. Waaaaaaaaahnsinn. So etwas gibt es gar nicht. In null komma nichts von null auf 50 mph. Ich werde in meinen Sitz gedrückt, so dass mir Hören und Sehen vergeht. 

Das Model S ist straff abgestimmt und sehr sportlich. In den Kurven liegt es durch den tiefen Schwerpunk wie ein brett. Die Lenkung ist sportlich direkt, kann aber durch die Einstellungen in der Mittelkonsole komfortabler eingestellt werden, wie das Fahrwerk auch. Das Platzangebot im Auto ist enorm. Hinter mit (1,90 cm) kann locker jemand sitzen, nur mit der Kopffreiheit hapert es hinten etwas. Einen analogen Tacho vermisst man ebenso wie Knöpfe für die Belüftung, etc. Ein riesiger 17" Touchscreen bietet Zugriff auf alle Funktionen des Autos, inklusive Web-Browser, Internetradio und Google Maps Navigation. Diese blendet sich neben den digitalen Tacho ein wenn navigiert wird. Hightech pur. Sehr gut verarbeitet ist der Wagen. Ironischerweise muten nur die Knöpfe für die elektrische Sitz- und Spiegelverstellung billig an – Teile von Mercedes Benz (kein Scherz, kein Scheiß).

Unterm Strich ist das Model S ein viertüriges Sportcoupé, das in Konkurrenz zum Audi A7, BMW 6er Coupé oder dem Mercedes CLS steht, meiner Meinung nach zumindest. Die Fahreigenschaften sind dabei überragend, die Kraftentfaltung brutal, und das rein elektrisch! Dieses Auto macht irre viel Spaß. Bis zu 400 km Reichweite verspricht Tesla bei den moderaten Reisegeschwindigkeiten in den USA. Das reicht nicht nur für den Weg zur Arbeit, sondern auch für längere Touren. Ca. $100.000 kostet das Model, das wir heute gefahren sind. Das ist eine Menge Geld, auch wenn Kalifornien einen Kaufanreiz von $10.000 auslobt. So viel kostet es also, wenn man Teil der nahen automobilen Zukunft sein will. Ich denke darüber nach.