Wandern bis der Arzt kommt

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Dieses Wochenende war krass. Wir waren in der Sunol Wilderness backpacken, um unser neues Equipment auszuprobieren – Zelt, Wasserfilter, Luftmatratzen, Kocher, etc. Sunol liegt in der Nähe von Livermore, in der East Bay. Vor dem Camping stand allerdings eine 10 Meilen Wanderung an, natürlich mit Gepäck. Unser Wanderführer hatte uns gewarnt: Kategorie 5, anstrengender als der brutale Anstieg zu den Upper Yosemite Falls seinerzeit. Und der Wanderführer sollte recht behalten.

Samstagmorgen, 7 Uhr aufstehen, schnelles Frühstück, Rucksäcke packen. 13kg bei mir, 10kg bei C – davon ca. 3-4l Wasser pro Person. Nach einer Stunde Fahrt waren wir um 10:45 Uhr auf dem Wanderpfad. Und gleich ging es richtig bergauf. Als die ersten 2 Meilen geschafft waren, führte uns der Weg hinunter in einen Canyon. Wir machten Pause mit Vollkornbrot und kletterten danach über 3000 Fuss (1000m) auf das Hochplateau um den Rose Peak. Brutal ist für diesen Pfad eine Untertreibung. Wir kämpften uns hoch. An einer Stelle wäre C beinahe auf eine Schlange getreten. Erst als C sich erschrak und laut aufschrie, machte die harmlose Schlange sich von dannen. Die Temperaturen klettern über 30˚C, die Rucksäcke taten ihr übriges. Wir hatten uns bis zur 5-Meilen-Marke gequält und waren platt. C war kurz vorm Überhitzen, das Gesicht knallrot. Wir machten eine Pause und suchten Schutz unter einem Baum, der wenigstens etwas Schatten spendete. Dort verbrachten wir eine gute Stunde, saßen die Nachmittagshitze aus und schliefen sogar vor Erschöpfung ein. Danach ging es dann wieder etwas besser – weiter, immer weiter. Nach zahlreichen Ab- und Anstiegen erreichten wir endlich unser Camp. 

Viel Wasser hatten wir nicht mehr, also schnell die Quelle vor Ort erkunden. Leider kam aus dem Wasserhahn mit manueller Pumpe kein Tropfen. Allerdings stand daneben ein Trog für die Kühe – gut gefüllt mit grünlichem, algigen Wasser. Keine Frage, das würde reichen müssen. Filtern war ja sowieso angesagt. Und tatsächlich, unser Filter machte aus der grünen Plörre 4l reines Trinkwasser. Bei der zweiten Fuhre traf ich unsere neue Nachbarn, die mir erklärten, dass man, anstatt zu pumpen, einfach den Hahn ganz öffnen müsse – und tatsächlich, das Wasser floss. Zuerst bauten wir das Zelt auf, dann machten wir essen: Mac N Cheese mit Speck. Und wir waren überrascht darüber, wie potent unser Campingkocher zu Werke ging. Innerhalb von wenigen Minuten war das Essen fertig. Die Nudeln hatte C wie Reis gekocht, danach Milchpulver und Cheddar hineingerührt. Noch ein paar Erbsen, Butter und Speck – fertig war das Abendessen. Dazu gab es ein Glas Wein. Immerhin, den halben Liter Rotwein habe ich gerne auf den Mount Rose getragen. Die Mücken trieben uns vor Anbruch der Dunkelheit ins Zelt, wo wir direkt in der Einflugschneise vom Flughafen San Jose in einen unruhigen, erschöpften Schlaf fielen. 

Wir schliefen von 21 Uhr bis kurz vor 7 Uhr. Irgendwann machten die Vögel so viel Lärm, dass wir nicht mehr konnten. Egal, wir wollten der Hitze zuvorkommen und am Sonntagmorgen früher aufbrechen. Schnell Frühstück, Tee mit Oatmeal, alles zusammenpacken, noch einmal Wasser filtern und los ging es. Um 8:20 Uhr waren wir unterwegs. Die Strapazen des gestrigen Tages hatten Spuren hinterlassen. Wir waren steif und hatten ordentlich Muskelkater. Dennoch fühlten wir uns stark. Die ersten Meter des steilen Anstieges zum Mount Rose bewältigten wir locker. Ein Riesenhase, bestimmt 40cm Löffelhöhe, kreuzte unseren Pfad. Ein paar Meer weiter und wir hatten ein phantastische Aussicht auf den Frühnebel in der Bay Area – von San Jose bis San Francisco. Atemberaubend!

Die Wanderung lief deutlich besser als am Tage zuvor. In 2,5h schafften wir 5 Meilen ohne große Pausen. Danach ging es ins Tal. Und wir trauten unseren Augen nicht. Das Gelände war steil. So steil, dass wir mehrfach abrutschten, trotz unserer Wanderstöcke. Hier waren wir gestern hinaufgestiegen? Kein Wunder, dass wir nicht mehr konnten. Auf einmal hatten wir Respekt – vor uns selber. Von oben sah der Weg noch viel steiler aus, als wir ihn in Erinnerung hatten. Eine ganze Stunde ging es bergab, bis wir den Fluss im Tal erreichten. Unsere Füße waren hinüber. Wir machten Pause, aßen unsere letzten Brote und steckten unser Mauken ins Wasser. Nach einer halben Stunde waren wir bereit für den letzten Anstieg. Dieser erwies sich als weniger anstrengend als gedacht. Jetzt hatten wir unseren Rhythmus gefunden und nach weitern anderthalb Stunden waren wir am Ziel angelangt – unserem Ausgangspunkt am Lake del Valle. Schnell Wanderstiefel aus, Badehose an und ab in den See, wo sich Horden von Mexikanern, Amerikanern, Indern und Arabern einen schönen Sonntag machten – mit Grillfleisch und Planschen.

Fazit: Wir haben unser ersten Mal Zelten in der Wildnis gut gemeistert. Wasser filtern und Zelt aufbauen war kein Problem, die Verpflegung gut. Aber, warum tut man sich das an? 20 Meilen mit fast 10.000 Höhenfuß an einem Wochenende? Jetzt brauche ich erstmal eine Pause!