Vom Lake Merced nach Vogelsang

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Tag drei. Wieder keine Blasen an den Füßen, dafür etwas Muskelkater. Die Nacht auf nur 2.180m Höhe hatte uns gut getan. Wir waren früh wach und packten im Eiltempo unsere Sachen, denn heute stand uns der schwierigste Abschnitt der ganzen Wanderung bevor. Fast 1000m Höhe galt es auf einer Strecke von 7.5 Meilen (12km) zu bewältigen. Wir wollten daher direkt nach dem Frühstück aufbrechen, um ausreichend Pausen einlegen zu können. Um 7 Uhr gab es, wie jeden Tag, Kaffee und Tee, um 7:30 Uhr Frühstück. Um 8:30 Uhr blickten wir ein letztes Mal zurück auf das Camp und machten uns auf den Weg. Und sogleich begann der Anstieg. In der ersten Stunde stiegen wir eine Treppenstufe nach der anderen hinauf und schafften schon gut ein Drittel der angepeilten Höhe. Belohnt wurden wir mit wunderbaren Blicken zurück auf den Merced Lake und die Granitberge, die vor uns lagen. An einer Stelle konnte man sogar Half Dome im Morgenlicht leuchten sehen.

Unsere Wanderstöcke waren beim Aufstieg unentbehrlich. Wenn ich drei Ausrüstungsgegenstände hervorheben müsste für unsere Wanderung, dann wären es mit Sicherheit gute Wanderstiefel, gute Wandersocken, mit denen man nicht im Stiefel rutscht, und eben diese Wanderstöcke. Gerade mit Gepäck läuft es sich so viel leichter, bergauf und bergab, und man bekommt auch keine dicken Finger.

Die Wanderung war anstrengend aber wir kamen gut voran. An einer Lichtung bogen wir links ab in Richtung Babcock Lake. Nachdem wir auf abenteuerliche Weise (von Stein zu Stein hüpfend) den Fluss überquert hatten, erreichten wir den See, der völlig einsam und verlassen hinter einem Granitblock lag. Wir machten kurz Pause, genossen die Einsamkeit und ich widerstand der Versuchung mich abzukühlen. Wie in den beiden vorangegangen Tagen war es auch heute wieder sonnig und heiss – perfektes Wanderwetter. Zurück auf dem Hauptweg ging es dann weiter bergauf, immer hin und her auf unzähligen Serpentinen. Irgendwann wurde der Fluss dem wir folgten zu einem Wasserfall und wir erreichten ein Hochplateau. Wir trauten unseren Augen nicht: Ein Farbenspiel aus braun, grün und grau, mit Fletcher Peak und Vogelsang Peak im Hintergrund. Dort wollten wir hin! Irgendwann erreichten wir die Abzweigung zum Emeric Lake. Mittagspause! Schuhe und Socken aus, Brote raus und erstmal stärken. Wir waren weit und breit die einzigen Menschen an diesem großen Bergsee. Also zog ich mich kurzerhand aus und sprang hinein, wie Gott mich schuf (ich glaube nicht an Gott, aber die Redewendung hat etwas). Das konnte C natürlich nicht auf sich sitzen lassen und so planschten wir zusammen im herrlich klaren, kalten aber nicht eiskalten, Wasser.

Frisch gestärkt und ausgeruht machten wir uns an den letzten Anstieg hinauf zum Vogelsang Camp. C ging voraus und machte ihrem (in Kalifornien erworbenen) Ruf als Bergziege alle Ehre. Schneller als gedacht, gegen 15 Uhr, erreichten wir das Camp auf 3,100m Höhe. Wir checkten ein, tranken die mittlerweile obligatorische Limo und begutachteten unser Zweierzelt. Ein Zelt, nur für uns! Wir waren begeistert. Nach einer Stunde Pause liefen wir noch die 1 Meile zum Vogelsang Lake, um wieder zu baden. Im Camp gab es nämlich keine Duschen. Dieser See war allerdings ziemlich kalt, so dass C es nur eine knappe Minute darin aushielt. Danach lagen wir auf der Wiese und genossen die Sonne, bis es langsam kalt wurde. Zu Abendessen gab es Steak, dann schmissen wir den Bollerofen im Zelt an – nicht ohne Mühe und nicht ohne mich über den Rauch im Zelt aufzuregen. Als es richtig dunkel war, schauten wir zusammen in den Sternenhimmel, der nur dann so schön sein kann, wenn es kein künstliches Umgebungslicht gibt, und suchten nach Sternbildern.