Oft merkt man ja bereits nach den ersten paar gelaufenen Metern, ob man einen guten Tag erwischt hat oder nicht. Ich fühlte mich gut. Zusammen mit Cait bahnten C und ich uns unseren Weg durch das Marathon-Feld. Wir waren am hinteren Ende der zweiten Startgruppe gestartet – zu weit hinten, denn jetzt wurden wir von den Läufern vor uns aufgehalten. Das Feld war dicht gestaffelt und zog sich nur langsam auseinander. Nach ein paar hundert Metern hielten die Ersten an, um sich entweder Klamotten auszuziehen, oder weil sie eine Pause brauchten! Wer denkt, Marathon laufen nur die Ultrafitten, dem sei hiermit versichert, dass dem nicht so ist. Die ersten Kilometer waren Breitensport pur. Es wimmelte von Normalos, übergewichtigen und sogar fettleibigen Teilnehmern.
Obwohl Cait eigentlich für den dritten Abschnitt der Staffel zuständig war, wollte sie es sich offen halten, das gesamte Rennen zu beenden. Am Montag zuvor war sie den Boston Marathon gelaufen, hatte dort unter Regen und Kälte gelitten und sich dennoch durchgebissen. Daher war ihr Tempo an diesem Tag auch für C und mich machbar. Zu dritt liefen und liefen wir. Meile 1, 2, 3 zogen vorüber und das Rennen kam mir sogar relativ entspannt vor. Wir brauchten ca. 9 Minuten pro Meile – zu schnell für C, die an den ersten leichten Anstiegen beißen musste. Ich ließ mich zurück fallen, wir blieben zusammen und nach 45 Minuten waren die ersten 8 km geschafft. C hatte fertig und übergab ihren Staffelsender an Kristin. Sofort zogen Kristin und Cait das Tempo an. Außerdem ging es immer weiter bergauf, so dass ich mir jetzt richtig Mühe geben musste, den Anschluss zu wahren. Ich kann Euch sagen, es ist ein scheiß Gefühl, wenn ein frischer Läufer eingewechselt wird, dann erstmal los sprintet und man hinterher hecheln muss. Endlich erreichte der Highway 1 die Küste und das Meer kam in Sicht. Es funkelte in der Morgensonne und ich konnte beim Laufen die traumhafte Landschaft dieser Gegend genießen. Das alleine war es wert, das frühe Aufstehen und das Rennen. Der Gegenwind an der Küste war heftig. Ich versuchte hinter anderen Läufern Windschatten zu finden, musste aber immer wieder überholen, um an den Mädels dran zu bleiben. Alle zwei Meilen gab es Verpflegungsstationen mit Wasser, Gatorade und Toiletten. Überall machten Läufer Pause, tranken und fotografierten. Plötzlich hielten auch Cait und Kristin an und verschwanden in einem Dixie-Klo. Das war meine Chance zum Angriff, denn schließlich wollten wir Jungs nicht hinter den Mädels landen. Ab Meilen 8 find mir das Laufen sogar an richtig Spaß zu machen. Ich wurde schneller und schneller, dann ging es bergab auf die letzte Meile bis zur Wechselstation. Ich flog an anderen Läufern vorbei und gab alles, um dann nach 1:28h an Wesley zu übergeben. Schnell den Sender getauscht und meine Arbeit war getan. Lisann wartete an derselben Stelle auf mich. Wir quatschten noch kurz und sie machte sich ebenfalls auf den Weg, 2 Meilen den Berg hinauf. Meine Beine brannten. Ich trank Wasser, aß einen Keks und ein paar Bananen und feuerte die herannahenden Läufer an. Hunderte zogen vorbei und mir wurde langsam klar, dass ich eine ganze Reihe Sportler hinter mir gelassen hatte.
15 Minuten später kam C die Strasse hinunter. Sie hatte sich etwas Pause gegönnt und war dann ebenfalls die zweiten 5 Meilen gelaufen. Zusammen erholten wir uns, zogen warme Klamotten an und tauschten Geschichten aus. Nach anderthalb Stunden war der Spuk vorbei. Der Besenwagen fuhr durch, die Station wurde abgebaut, wir stiegen in unseren Bus und wurden ans Ziel gebracht. Unterwegs hörte ich schon die Neuigkeiten von Wesley: Platz 4 (von 15 Männerteams) mit 3:37:02. Was für ein Ergebnis. Wesley und Jonathan, unser Schlussläufer, hatten Vollgas geben. Nach der Siegerehrung wurde unser Ergebnis auf Platz 5 korrigiert, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch. Es gab Freibier und zusammen feierten wir unseren Erfolg. Für die Mädels reichte es mit 04:16:45 zu Platz sieben. Cait hatte nach der dritten Etappe genug und ließ sich von einem Auto mitnehmen. Und Lisann? Die lief knallhart ihre 7,2 Meilen zu Ende, ohne Training auf einer der schönsten Marathonstrecken der Welt.