Das erste Beben

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Irgendwann musste es ja passieren, gestern war es soweit. Wir haben unser erstes Erdbeben in Kalifornien erlebt. Und es war eine Extremerfahrung, die wir so schnell nicht vergessen werden – wenn überhaupt.

Berkeley, 02:45 Uhr nachts. C und ich werden aus dem Schlaf gerissen. Alles wackelt, es klingt als donnere ein Zug unter unserem Haus hindurch. ”Da stampft jemand durch unser Haus”, meint C. “Nein, das ist ein Erdbeben”, entgegne ich. Wir sind wie versteinert, sitzen aufrecht im Bett, wissen nicht, wie uns geschieht. An Herumlaufen ist nicht zu denken, bei dem Geschaukel. Nach ca. 10 Sekunden ist Ruhe. Entgeistert schauen wir uns an. War es das jetzt? Oder geht es gleich weiter? Wird es Nachbeben geben?

Für mich war die Zeit danach fast schlimmer, als während des Bebens. Wir haben beide Angst. Ich stehe auf, laufe durch das Haus, stehe eindeutig unter Schock. Alles ist an seinem Platz, nichts ist umgefallen. So schlimm kann das Beben also nicht gewesen sein. Oder doch? C ist der Fels in der Brandung, mich überkommt plötzlich ein Schwächeanfall. Der Schock sitzt tief.

Wieder im Bett wird C auf Twitter fündig. Erdbeben der Stärke 4,5 auf der Richterskala (später auf 4,4 korrigiert) mitten in Berkeley – keine 3 km von unserem Haus (blaues X) entfernt. Es stellt sich heraus, dass es ein Beben an der Hayward-Falte war, das erste seit 150 Jahren. Wir waren seit 25 Jahren überfällig und eigentlich war ein stärkeres Erdbeben erwartet worden. Was also nun? Während C in einen leichten und unruhigen Schlaf fällt, schlafe ich bis zum nächsten morgen wie ein Murmeltier (Gott weiß warum).

Ich habe versucht, dieses Erlebnis in Worte zu fassen, aber das ist eigentlich unmöglich. Klar ist: so etwas habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt. Klar ist auch, dass wir beide besser vorbereitet sein müssen, wenn es das nächste mal bebt. Und es wird wieder beben. Daher bin ich irgendwie froh, dass wir das erste Mal jetzt glimpflich und ohne größere Folgen hinter uns gebracht haben – und daher einschätzen können, was uns nächstes Mal erwartet.

Wie es weiter geht ist unklar. Einige Geologen sehen es als gutes Zeichen an, dass es bisher keine Nachbeben gab. Andere warnen davor, dass es auch in den nächsten Wochen und Monaten noch Nachbeben geben könnte. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit mit 5-10% nicht sehr hoch. Möglicherweise hat sich die Hayward-Falte durch das Beben sogar soweit entspannt, dass wir jetzt wieder ein paar Jahre Ruhe haben. Mir wäre es recht. Eine Nacht wie diese muss ich so schnell nicht wieder haben.