Wenn man erstmal über 40 ist und sich bei Freunden und Verwandten die Herzinfarkte anfangen zu häufen, kann man auch mal etwas Neues ausprobieren, was seine Ernährung angeht. Das 100% vegane Essen war uns nicht so recht bekommen, obwohl wir seitdem vollständig auf Milch und Butter verzichten. Jetzt stand fasten auf dem Programm—zum ersten Mal in meinem Leben.
Durch Goop Labs auf Netflix hatten wir von einer Diät erfahren, die dem Körper suggeriert, dass er fastet, ohne dass man komplett auf Essen verzichten muss. Man fährt für 5 Tage die Kalorienzufuhr auf 800 Kcal pro Tag herunter und der Körper fängt daraufhin an, seine alten Zellen abzustoßen und sich von Innen zu erneuern. Das ganze heißt Fasting Mimicking Diet (FMD), ist klinisch belegt und wird in diesem Ted-Talk anschaulich erklärt. Wir haben uns für die Luxusvariante entschieden und zwei Pakete Prolon bestellt—für jeweils $240. Darin ist alles enthalten, was man braucht, um eine Woche zu fasten: Nussriegel, Suppen, Kale-Cracker, Oliven und jede Menge Teebeutel. Das Produkt ist eine Ausgründung der Universität in LA, wo viel an der Verlangsamung des Alterns geforscht wird.
Der erste Tag war ziemlich unspektakulär. Der Nussriegel zum Frühstück war einigermaßen lecker und wir kamen damit gut bis zum Mittagessen. Dann gab es Suppe und ein paar Kale-Cracker. Zum (schwarzen, koffeinfreien) Kaffee durften wir uns einen Schokoriegel gönnen und zum Abendessen stand dann wieder Suppe auf dem Programm. Ja, wir hatten etwas Hunger, aber eigentlich war diese FMD ganz gut auszuhalten. Für mich änderte sich das allerdings gegen Ende des zweiten Tages. Ein zermürbender, kaum auszuhaltender Kopfschmerz suchte mich heim—die Rache meines Körpers? Am dritten Tag war der Kopfschmerz weg und der Hunger spürbar. C hatte mich bisher immer mal wieder einen ihrer Kekse abgegeben, aber während der Hunger bei mir eigentlich stabil war, wurde er bei ihr von Tag zu Tag stärker. Ansonsten lief aber alles glatt, obwohl uns die Suppen langsam auf den Senkel gingen. Wie viel Minnestrone kann man eigentlich essen? Am vierten Tag war das Ende dann in Sicht. Unsere geistige und körperliche Leistungsfähigkeit war aber auf dem Tiefpunkt. Einfache Kopfrechenaufgaben dauerten Minuten, an Sport war nicht zu denken, von Hochgefühlen keine Spur. Den letzten Tag brachten wir dann routiniert über die Bühne. Zum Glück hatten wir die Diät in eine kurze Arbeitswoche gelegt, so dass unsere geistigen Einschränkungen weitgehend unbemerkt blieben. In diesen 5 Tagen nahm ich 5 kg ab, obwohl das ja gar nicht das Ziel dieser Diät war. Trotzdem, so wenig habe ich nicht mehr gewogen, seit ich 16 war.
Am sechsten Tag belohnten wir uns mit Croissants und Milchkaffee, später einer Portion Nudeln zum Mittag. Unglaublich, wie gut selbst gekochtes Essen schmecken kann! Aber der Kracher folgte am Wochenende darauf: Wir bestellten Essen beim Atelier Crenn, einem Sternerestaurant in San Francisco. Unsere sieben Gänge kamen vorbereitet in Boxen, für zu Hause. Dazu hatten die Köche Videos vorbereitet, die erklärten, wie man die Speisen anzurichten hatte. Wir machten eine Flasche Prosecco auf, genossen den Gruß aus der Küche, Kir Royal, und bereiteten dann die ersten fünf Gänge vor, bevor wir anfingen zu essen. Das Essen war vorzüglich, viel Fisch und Meeresfrüchte, und auch das Ambiente zu Hause konnte gut mit einem feinen Restaurant mithalten. Wir hatten einiges erwartet, waren aber dennoch überrascht wie gut das funktioniert—Takeout vom Sternerestaurant.
Und so haben wir innerhalb von einer Woche erst gefastet und dann geschlemmt. Beides würde ich wieder machen, wobei das Essen vom Restaurant günstiger war als das Prolon-Paket. Aber dafür erneuert letzteres ja den Körper von innen. Es ist wie immer: Die Mischung macht’s!