Die Midterms sind jetzt mehr als eine Woche her und es wird immer noch gezählt. Ich habe ein paar Tage gebraucht, um alles zu verarbeiten, denn ein klarer Denkzettel für den Präsidenten war diese Wahl nicht! Jeder, der auf eine eindeutige Trotzreaktion der Wähler gehofft hatte, eine Rückkehr zu amerikanischen Werten, der war erstmal enttäuscht, als klar wurde, wie knapp die Wahlen tatsächlich werden würden. Dazu gehört auch ich.
Eine Woche später sieht alles schon wieder etwas anders aus. Die Demokraten haben im House of Representatives 36 Sitze und damit die klare Mehrheit errungen (231 Sitze, 218 bedeuten die Mehrheit). 6 Sitze stehen immer noch aus, da nachgezählt werden muss. Auch Josh Harder, für den wir in Tracy um die Häuser gezogen sind, war siegreich. Im Senat sieht die Lage weit weniger schlimm aus als zunächst befürchtet. Krysten Sinema wurde diese Woche in Arizona zur Siegerin erklärt. Damit haben die Demokraten netto nur einen Sitz an die Republikaner verloren. In Florida wir allerdings noch nachgezählt (zuerst maschinell, nun per Hand). In Mississippi kommt es zur Stichwahl, mit knappen Vorteilen für die Republikaner. Die Demokraten haben in mehreren Staaten, die Trump 2016 deutlich für sich entscheiden konnte, Siege davon getragen. Dabei wurden so viele Frauen gewählt wie noch nie zuvor. Bei den Republikanern sah das völlig anders aus. Es dominieren weiterhin weiße Männer. Auch wenn mit Florida und Ohio zwei für die Präsidentenwahlen wichtige Staaten weiterhin in der Hand der Republikaner geblieben sind, kann man dennoch von einer Blauen Welle reden – auch wenn es zunächst nicht danach ausgesehen hatte.
Eine blaue Welle des Regens könnten wir auch gerade gut gebrauchen in Kalifornien. Eigentlich beginnt die Regenzeit im November, aber seit Monaten ist kein Tropfen gefallen. Dafür wüten zwei riesige Feuer, eines nördlich von Sacramento, das andere in Malibu. Dort sind zig Villen von Prominenten den Flammen bereits zum Opfer gefallen – auch die von Thomas Gottschalk. Das Ausmaß der Zerstörung ist beklemmend und die Flammen wüten weiter. Bei uns in San Francisco ist die Luftqualität so schlecht, dass die Menschen auf der Straße mit Schutzmasken herumlaufen. Kräftige Winde blasen seit Tagen den Rauch zu uns. Der Himmel ist grau, ein Nebel aus Rauch hängt über San Francisco, die Sonne kommt nicht durch. Die Stimmung ist beinahe apokalyptisch. Morgen bleiben alle Schulen geschlossen, die Menschen sind aufgerufen in ihren Häusern zu bleiben. Ich merke es auch auf der Lunge. Die Rußpartikel setzen sich fest. Beide Feuer sind noch nicht unter Kontrolle. Die Feuerwehrleute kämpfen ohne Unterlass, aber das schon seit Monaten.
Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass die Feuer in Kalifornien spürbar zugenommen haben, seit wir hier wohnen – in nur 7 Jahren. Der Klimawandel ist real. Seine Effekte werden sich zu unseren Lebzeiten weiter verstärken. Das Ende ist noch lange nicht erreicht. Mal sehen, wie viele Warnschüsse wir Menschen noch brauchen, bevor wir das Problem endlich ernsthaft angehen.