6 – Mitten in der Natur

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Ganz schön gerädert wache ich auf. Irgendwie ist die Hitze nicht mein Ding. Beim Frühstück mit Omelette und Broten unterhalten wir uns mit unserer kanadischen Aussteiger-Gastgeberin. Die haben auf Ometepe vor 17 Jahren Land gekauft und dann ohne Auto und bevor die Strasse ausgebaut war, Hütten hingestellt und ihre Farm mit Ziegen, Schafen, Obst und Gemüse aufgebaut. Das ist mir zu krass… ohne Salami und richtigen Käse könnte ich so was nicht – und dann noch die Hitze!

Unser Guide Victor ist überpünktlich. Er wird uns den unteren Teil des inaktiven Vulkans Maderas zeigen. Wir wandern bergauf durch Kochbananen-Plantagen, vorbei an ein paar verfallenen, aber bewohnten Höfen und durch Mango- und Avocadohaine. Das erste Highlight sind nicht die Petroglyphen sondern die frischen Mangos, die Victor für uns vom Baum holt und die wir auf der Stelle verzehren. Unglaublich lecker, aber ich saue mich gleich richtig damit ein. Wir lernen alles mögliche über Flora, Fauna und Nicaragua. Plötzlich ändert sich die Vegetation und es wird grün um uns herum und feucht in der Luft – wir sind im Cloud Forest angekommen. Ich hatte mich noch gefragt, wie denn der Weg zum Vulkan in der Trockenzeit matschig sein kann. Jetzt sehe ich es mit eigenen Augen. In der Ferne hören wir auf einmal ein Röhren und Bellen – die Howler Monkeys, man kann sie bis zu 3 km weit hören. Und dann zeigt Victor uns auch schon einen im Baum – so ein Mordsgegröhle, da hätte ich ein größeres Vieh erwartet! Wir wandern zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man über die Ebene zwischen den beiden Vulkanen blicken kann. Der aktive Vulkan Concepción ist leider halb in den Wolken verschwunden, sonst hätte Victor vielleicht recht gehabt: der schönste Ausblick unseres Lebens.

Zurück geht es noch an einer Kaffeeplantage vorbei. Die sieht für mich etwas verwahrlost aus – aber hier macht man das so. Alles wächst querbeet. Es gibt noch einen frischen Saft und ein bisschen von Victors Lebensgeschichte zum Abschied: er ist 28 und mit 10 als Waise auf die Insel gekommen – von der Karibikküste. Jetzt ist sein zu Hause hier, er hat 3 Kinder und ist verheiratet. Einen Ring konnte er sich nicht leisten, aber er liebt seine Frau und sein Haus ist der schönste Ort auf der Insel. Ich bin immer wieder beeindruckt von der Offenheit, Herzlichkeit und dem Interesse der Leute hier in Nicaragua. Und wir Deutschen haben überall einen guten Ruf – Victor hat jetzt schon genug von den Chinesen. Wie soll das erst mit dem Kanal werden?

Am Nachmittag mieten wir Fahrräder, überholen alle andern Touristen auf dem Weg zum Ojo de Agua und erfrischen uns in der vulkanischen Quelle. Auf dem Rückweg halten wir am Strand und spazieren durch das warme Seewasser. Schon schön hier, aber viel länger muss ich nicht bleiben. Mir ist das zu weit weg von der Zivilisation. Die Mischung aus Einheimischen, Aussteigern, Touristen und magerem Viechzeug ist mir irgendwie zu trostlos.

In der Finca machen wir uns frisch für den Abend. Nach dem Duschen kriege ich fast einen Herzinfarkt: IN meinem Waschbeutel sitzt eine Kakerlake! Was zur Hölle macht die da? Warum immer ich? D rettet den Waschbeutel und mich! Er kämpft mit der Kakerlake und entsorgt sie in alter Gewohnheit im Klo. Das Klo hier hat aber leider keine Spülung, sondern ist ein Eimer mit getrockneten Reishülsen. Und ich hab Durchfall. Wie soll ich je wieder auf diese Klo gehen können? Es geht nur eins: die Kakerlake oder ich! D lässt den Deckel offen und wir gehen erstmal zum Abendessen. Das Vieh wird schon rauskommen. Das Restaurant wurde uns von Victor empfohlen, ist aber leider ein totaler Reinfall. Wir laufen durch die stockfinstere Nacht zurück zur Finca. Dank Kopflampe überfährt uns niemand. Der Sternenhimmel ist umwerfend und wir sehen sogar ein paar Sternschnuppen. Mein Wunsch geht in Erfüllung: Die Kakerlake ist nicht mehr im Klo! Na dann kann ich ja in Ruhe einschlafen.

–– C