Flucht aus San Francisco

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Heute habe ich in der New York Times gelesen, dass immer mehr Millenials, die in San Francisco reich geworden sind, Kalifornien verlassen und sich stattdessen in Bundesstaaten mit niedrigeren Steuern niederlassen. Das ist an sich nicht überraschend. Kalifornien hat mit 13% mit die höchsten State-Taxes—zuzüglich zu den Federal-Taxes, versteht sich. Da macht es schon einen Unterschied, wenn man vor dem Börsengang oder dem Verkauf größerer Aktienpakete nach Portland oder Texas zieht, wo es keine State-Taxes gibt.

Weitaus bemerkenswerter an dem Artikel war allerdings, dass diese jungen Tech-Millionäre auch desillusioniert sind von San Francisco. Die Stadt wird immer teurer—ein Ende ist nicht in Sicht. Dieses Jahr alleine gehen zig Firmen an die Börse, wohl um der drohenden Rezession zuvorzukommen. Das sorgt für zahllose neue Millionäre, die dann nicht wissen wohin mit ihrem Geld. Also werden Phantasiepreise für Häuser und Wohnungen bezahlt. Dementsprechend ist das einstige Mekka der Hippies mittlerweile ziemlich gleich geschaltet. Jeder arbeitet irgendwie in der Technologiebranche oder in der Peripherie der großen Internetfirmen. Anders kann man die Wahnsinnsmieten nicht mehr bezahlen. Frauen im heiratsfähigen Alter haben die Wahl zwischen Computerfreaks von Square, Twitter, Uber, Lyft… Ihr seht worauf ich hinaus will. Es fehlt an echter Vielfalt. Außerdem klagen die Abwanderer über den Stress und das Tempo im Silicon Valley. Um es mit seinem Startup zu schaffen, muss man eben richtig Gas geben—und das schlaucht. Dazu kommt dann noch der ständige Antrieb nach Feedback zu fragen und sich weiterzuentwickeln. Stillstand ist eben Rückschritt.

Auch wenn dieser Text etwas sarkastisch und polemisch klingt, es ist nicht nur etwas dran—es stimmt alles. Ich kann sie verstehen, die Menschen, die der Szene hier den Rücken kehren. Selbst seit wir hier sind, hat sich San Francisco stark verändert. Und doch kann ich es dieser Stadt, dieser Gegend nicht übel nehmen. Nicht nur weil wir Teil dieses Problems sind, Square ist immerhin auch vor gut 3 Jahren an die Börse gegangen, sondern weil wir San Francisco vieles verdanken—und hier ein tolles Leben führen. Es ist natürlich nicht mehr das große Abenteuer, aber wir unternehmen immer noch viel, entdecken immer mal wieder etwas Neues und freuen uns jeden morgen über den blauen Himmel. Und doch denken wir auch oft an Berlin, an die Großstadt, an das Leben, das wir zurück gelassen haben, und wie es wäre, dort von vorne anzufangen.